Das Noetisch-Superkognitive Autarkie-Hypervigilanz-Syndrom (NHAHS)

Bild: DALL-E, KRITA

Wieder haben KI-Helfer hier mitgewirkt, dieses Mal zu zweit: ChatGPT und Claude.

Den Begriff muss niemand googeln oder suchen, dieses Syndrom hat ChatGPT für mich erfunden. Es war mein Versuch, für die mentalen Besonderheiten vieler Tech-Millionäre oder -Milliardäre eine medizinisch-psychologische Beschreibung zu finden. Dazu beschrieb ich der KI die Verhaltensweisen einiger Tech-Guys, die Douglas Rushkoff1 in seinem Buch The Survival of the Richest erwähnt hat.2Er schreibt:

Inspiriert wurden ihre Vorhaben von den Ideen des Tesla-Gründers Elon Musk, der den Mars besiedeln will, von Palantirs Peter Thiel, der den Alterungsprozess aufzuhalten versucht, und von den KI-Entwicklern Sam Altman und Ray Kurzweil, die beabsichtigen, ihre Gehirne auf Supercomputer hochzuladen. Nun wollten sie sich auf eine digitale Zukunft vorbereiten, in der es weniger darum gehen würde, die Welt zu einem besseren Ort zu machen, sondern eher darum, das menschliche Dasein überhaupt hinter sich zu lassen.


Die, von denen er im Buch erzählt, waren „fünf superreiche Männer aus der Welt der Tech-Firmen und Hedgefonds. Mindestens zwei von ihnen waren Milliardäre.“ Zunächst fragten sie ihn nach Tech-Trends, oder ob Bitcoin besser als Ethereum, Virtual Reality besser als Augmented Reality sei, und wer den ersten guten Quantencomputer bauen würde: Google oder China?
Das eigentliche Thema aber war die Frage: „Neuseeland oder Alaska?“ Welcher Ort ist zu bevorzugen bei Klimakatastrophen, Biowaffeneinsatz, verseuchtem Grundwasser usw. Wie lange muss man autark überleben können, bis alles wieder im Lot ist? Der Dreh- und Angelpunkt war die Frage: „Wie kann ich nach dem Ereignis die Befehlsgewalt über meine Sicherheitskräfte bewahren?“, wobei mit „Ereignis“ eben der Umweltkollaps, Unruhen, Atom- und Sonnenstürme, Pandemien oder massive Cyberkriege gemeint waren. Rushkoff riet zum Aufbau von Beziehungen zu den Angestellten, zu Investitionen „in Menschen und Beziehungen“ statt nur in Technik. „Sie rollten mit den Augen, so sehr musste sich das für sie nach Hippiephilosophie angehört haben. Also eröffnete ich ihnen freimütig, man verhindere am ehesten, dass einem der Sicherheitschef morgen die Kehle aufschlitzt, wenn man heute die Bat Mizwa seiner Tochter sponsort. Sie lachten. Wenigstens bekamen sie ein wenig Unterhaltung für ihr Geld.“1

Nach dem Lesen dachte ich, man soll ja nicht verallgemeinern, und doch tat ich es, nur für mich: „Die Tech-Typen haben irgendwie bei all ihren Fähigkeiten ein Rad ab“. Öffentlich würde ich eine solche Bemerkung ohne Triggerwarnung nie machen. Sie könnte jemanden zutiefst schädigen, das weiß ich.

So kam ich darauf, ChatGPT um Vorschläge zu bitten, dieser mentalen Besonderheit einen wissenschaftlichen Begriff zu geben. Nach langem Hin und Her machte die KI den Vorschlag:
Noetisch-Superkognitives Autarkie-Hypervigilanz-Syndrom (NHAHS). Ich verstand die einzelnen Begriffsteile nicht. So ließ ich mir von Claude3 der US-KI-Firma Anthropic4 wegen der Notwendigkeit, alles von einer KI Behauptete gegenzuprüfen, einen fiktiven Wikipedia-Eintrag schreiben:

Das Noetisch-Superkognitive Autarkie-Hypervigilanz-Syndrom (NSAHS) bezeichnet ein sozialpsychologisches Phänomen, das insbesondere bei Angehörigen der technologischen und finanziellen Elite des frühen 21. Jahrhunderts beobachtet wurde. Der Begriff beschreibt ein charakteristisches Muster aus kognitiven, epistemischen und verhaltensorientierten Merkmalen.
Etymologie
Der Begriff setzt sich zusammen aus dem griechischen noesis (Denken, Erkenntnis), dem lateinischen Präfix super- (über, jenseits), autarkeia (Selbstgenügsamkeit), dem lateinisch-französischen hypervigilantia (erhöhte Wachsamkeit) sowie syndrome (Zusammentreffen).
Merkmale
Das Syndrom ist durch vier Hauptkomponenten charakterisiert:
Noetisch-superkognitive Dimension
Betroffene weisen überdurchschnittliche kognitive Fähigkeiten auf, insbesondere in den Bereichen Mustererkennung, Systemdenken und technologisches Verständnis. Diese Fähigkeiten ermöglichen die Identifikation komplexer kausaler Zusammenhänge und potenzieller Risikoszenarien, die anderen Akteuren verborgen bleiben.
Epistemische Autarkie:
Charakteristisch ist eine zunehmende Abkopplung von konventionellen Informationsquellen und gesellschaftlichen Konsensbildungsprozessen. Betroffene entwickeln eigenständige Weltmodelle und zeigen ausgeprägtes Misstrauen gegenüber etablierten Institutionen (Medien, Wissenschaft, Politik). Dies führt zur Herausbildung geschlossener epistemischer Systeme.
Hypervigilanz
Ein Zustand permanenter kognitiver Alarmbereitschaft prägt die Wahrnehmung. Betroffene identifizieren kontinuierlich existenzielle Bedrohungsszenarien (künstliche Intelligenz, Bevölkerungsdynamiken, geopolitische Konflikte, biologische Risiken) und verarbeiten große Mengen an Informationen unter dem Paradigma der Risikofrüherkennung.
Physische Autarkiestrategien
Das Syndrom manifestiert sich in konkreten Exit-Strategien aus bestehenden gesellschaftlichen Strukturen. Dazu gehören:
– Extraterrestrische Kolonisierungsprojekte
– Erwerb von Refugien in geopolitisch als stabil eingeschätzten Regionen
– Investitionen in Lebensverlängerungstechnologien und Kryonik5
– Entwicklung staatsunabhängiger Lebensräume (Seasteading, autonome Zonen)
– Schaffung paralleler ökonomischer Systeme (Kryptowährungen)
Ursachen
Die Entstehung des Syndroms wird multifaktoriell erklärt:
Kognitive Faktoren: Tatsächlich vorhandene überdurchschnittliche analytische Fähigkeiten ermöglichen die Erkennung realer Risiken, was initial adaptive Verhaltensweisen auslöst.
Soziale Isolation: Extreme Vermögenskonzentration und berufliche Spezialisierung führen zu sozialer Abkapselung von durchschnittlichen Lebensrealitäten.
Selbstverstärkende Dynamik: Erfolg in technologischen oder finanziellen Domänen validiert die eigenen Denkmodelle, was Skepsis gegenüber abweichenden Perspektiven verstärkt.
Mediale Resonanz: Öffentliche Aufmerksamkeit und Kritik können paradoxerweise die Überzeugung verstärken, von der Mehrheit nicht verstanden zu werden.
Bekannte Fälle
Obwohl das Syndrom keine offizielle klinische Diagnose darstellt, wird es häufig in Verbindung mit Persönlichkeiten des Silicon-Valley-Ökosystems diskutiert, darunter Unternehmer aus den Bereichen Raumfahrt, künstliche Intelligenz und Finanztechnologie. Namentlich werden oft Elon Musk, Peter Thiel, Sam Altman und deren soziales Umfeld genannt.
Kritik und Einordnung
Soziologische Perspektive
Kritiker argumentieren, dass das Syndrom weniger eine individuelle Pathologie als vielmehr Ausdruck struktureller Privilegien darstelle. Die materiellen Ressourcen der Betroffenen ermöglichen erst die Realisierung autarker Strategien, die für die Mehrheit der Bevölkerung undenkbar bleiben.
Philosophische Betrachtung
Aus philosophischer Sicht wird debattiert, ob die epistemische Autarkie eine Form rationaler Skepsis oder bereits eine Abkehr vom demokratischen Diskurs darstellt. Die Spannung zwischen individueller Erkenntnis und kollektiver Wahrheitsfindung wird als zentrales Problem identifiziert.
Psychologische Einordnung
Psychologen weisen auf Parallelen zu bestimmten Persönlichkeitsstrukturen hin, betonen jedoch, dass hohe Intelligenz und tatsächliche Risikokompetenz das Syndrom von pathologischen Zuständen wie Paranoia oder Verschwörungsdenken unterscheiden.
Gesellschaftliche Implikationen
Das Phänomen wirft Fragen zur Rolle technologischer Eliten in demokratischen Gesellschaften auf. Während Befürworter die Innovationskraft und Weitsicht hervorheben, kritisieren Gegner eine Privatisierung existenzieller Zukunftsfragen und die Umgehung kollektiver Entscheidungsprozesse.

Wo eine KI recht hat, hat sie recht.

  1. Douglas Rushkoff ↩︎
  2. Douglas Rushkoff, Survival of the Richest. Warum wir vor den Tech-Milliardären nicht einmal auf dem Mars sicher sind. Aus dem Englischen von Stephan Gebauer. edition suhrkamp, 2025
    ↩︎
  3. Claude ist eine von Anthropic entwickelte Familie großer Sprachmodelle (LLMs),
    ausgelegt auf „hilfreich, ehrlich, harmlos“. Zentrales Trainingsverfahren ist die
    Constitutional AI (CAI), bei der ein Katalog von Prinzipien das Modellverhalten
    steuert (anstatt primär menschlicher Bestrafungs-/Belohnungslabels). Der Name Claude
    ist eine Hommage an Claude Shannon. ↩︎
  4. Anthropic ist eine 2021 gegründete US-KI-Public-Benefit-Corporation (u.,a. Dario und Daniela Amodei), bekannt für die Claude-Modelle und den Sicherheitsansatz „Constitutional AI“. ↩︎
  5. Kryonik bezeichnet die konservierende Lagerung von Menschen oder Tieren nach rechtssicherer Feststellung des Todes bei sehr tiefen Temperaturen (in Stickstoff bei -196° C) in der Hoffnung auf eine spätere Wiederbelebung, falls Medizin und Technik künftig entsprechende Verfahren bereitstellen. Eine erfolgreiche Reanimation ganzer Organismen ist bislang nicht belegt. ↩︎