Vor zwei Jahren fiel die Hamas mit unvorstellbarer Brutalität in Israel ein, tötete in blindem Hass jeden, den sie mit ihren Waffen erreichen konnte, die meisten von ihnen Juden und Jüdinnen jedweden Alters. Nach mehr als zwölf Stunden waren 1200 Menschen tot und 251 als Geiseln entführt. Vorbereitete Teams filmten den Horror: Seht, wir machen, was wir wollen, massakrieren, vergewaltigen, verschleppen.
Heute, an diesem Jahrestag, soll in Frankfurt am Main eine pro-palästinensische Demonstration stattfinden: „77 Jahre Widerstand – kein Frieden ohne Freiheit!“ Ja, es gibt Menschen, die die Aktion vor zwei Jahren als legitimen Akt des Widerstandes ansehen, die Art des Hamas-Überfalls vielleicht nicht gutheißen, aber meinen, das hatten Juden sich selbst zuzuschreiben.
Eine sehr enge Freundin schrieb mir vor zwei Tagen:
„Die extreme Zerstörung der Lebensgrundlagen eines Volkes offenbart eine jahrzehntelange Geschichte repressiver Gewalt gegen Palästinenser, die bereits vor der Nakba begann, aber vor allem mit der völkerrechtswidrigen Besatzung von Gaza, Westjordanland und Ostjerusalem 1967 ihren leidvollen Weg nahm. Ich habe in den öffentlich-rechtlichen und in den Leitmedien kaum Artikel oder Beiträge gefunden, die sich mit der historischen Vorgeschichte dieses Konflikts beschäftigen und den Hamasangriff in diesen Kontext stellen.“ Wann und wo ist sie falsch abgebogen?, frage ich mich. Ich weiß, sie ist zu klug, um nicht zu erkennen, dass diese extreme Kurzfassung historischer Ereignisse Israels Existenzrecht infrage stellt. Ich hoffe, dass sie das nicht so meint.
Andere aber wollen den Staat von der Landkarte radieren. Der Hamas-Führer Al-Sinwar hoffte vor zwei Jahren, es mit der Hilfe Irans und der Hisbollah schaffen zu können. Schon im Dezember 2022 „versprach“ er: „We will come to you, God willing, in a roaring flood. We will come to you with endless rockets, we will come to you in a limitless flood of soldiers, we will come to you with millions of our people, like the repeating tide.“1
Und sie kamen, um die Rückkehr des palästinensischen Volkes auf ihr Land vorzubereiten2, mit welchen eigenen Opfern auch immer: „Wir brauchen das Blut der Frauen, Kinder und Alten, damit der revolutionäre Geist in uns erwacht.“3 Die Hamas benötigte das Blut ihrer Landsleute. Als Israel den Gaza-Krieg begann, war es der Hamas gleichgültig, wie viel palästinensisches Blut vergossen wurde. Je mehr, umso besser für die Verurteilung Israels in der Welt.
Der israelischen Regierung hätte es aber nicht gleichgültig sein dürfen, wie die Zivilbevölkerung in Gaza während dieses Krieges leidet. Auch wenn es ohne den verbrecherischen Überfall durch die Hamas all das Leid nicht gegeben hätte, hat die Art der Kriegsführung durch die israelische Armee nichts mehr mit Selbstverteidigung zu tun. Ich meine nicht, dass sie gezielt Völkermord begeht, aber mir scheint, es ist der Regierung gleichgültig, wer kollateral umkommt, verletzt wird, verhungert, wenn nur der Krieg weitergeht. Diese Regierung ist in wesentlichen Teilen rechtsradikal und will auf keinen Fall eine Zweistaatenlösung; einige ihrer Minister wollen sogar ein Eretz Israel und die Araber völkerrechtswidrig aus dem Land treiben.
Das laut und mit Nachdruck zu verurteilen, hat mit Antisemitismus nichts zu tun. Protestdemonstrationen gegen die Politik der gegenwärtigen israelischen Regierung sind nötig; nie aber unter der Losung From the river to the sea, Palestine will be free und zusammen mit Hamas-Unterstützern, mit Menschen, die allen Juden ein normales, friedliches Leben in Deutschland unmöglich machen und die Hamasverbrechen vor zwei Jahren für einen Akt berechtigten Widerstandes halten.
- „Wir werden zu euch kommen, so Gott will, in einer tosenden Flut. Wir werden mit unzähligen Raketen zu euch kommen, wir werden mit einer unbegrenzten Flut von Soldaten zu euch kommen, wir werden mit Millionen unserer Leute zu euch kommen, wie die wiederkehrende Flut.“ ↩︎
- Middle East Monitor Ismail Haniyeh am 7. Oktober 2023 ↩︎
- Al-Jazeera, 26. Oktober 2023, Ismail Haniyeh: “The blood [spilled] in the Gaza Strip, alongside the resistance and the [Izz A-Din] Al-Qassam [Brigades] (i.e., Hamas’ military wing), will defeat this occupier (i.e., Israel), will defeat this enemy… As I said, and I repeat every time, the blood of the children, women, and elderly – I do not say that it shouts out to you, but rather we need this blood so that it will ignite within us the spirit of revolution, so that it will arouse within us persistence, so that it will arouse within us defiance and [a forward] advance.” ↩︎
