Unapologetic:

Episode 2: Arabische, palästinensische und israelische Identitäten

November 2023

In dieser Folge beschreiben Ibrahim und Amira ihre persönlichen komplexen Identitäten: die arabischen, palästinensischen und israelischen Elemente. Beide beleuchten ihre jeweiligen Gemeinschaften der 48er und 67er Palästinenser, sowie ihre realen Erfahrungen und Lebenswege, die dazu führten, dass ihre Wege sich kreuzten.

Amira
Salaam und willkommen zurück zu unserem Podcast, Unapologetic: unserer authentischer Bericht.

Eine Plattform, auf der wir unsere Herkunft, Erfahrungen und Ansichten miteinander teilen werden. In unserer Pilotsenung haben wir also versprochen, dorthin zurückzugehen, wo alles begann Wir werden darüber sprechen, wie zwei Menschen, die aus demselben Volk stammen und völlig unterschiedliche Realitäten haben, zwei völlig unterschiedliche Lebenserfahrungen gemacht haben. Wie sie sich schließlich begegneten. Wir sind beide Araber, wir sind beide Palästinenser, und wir sind beide israelische Staatsbürger. All diese Wörter, diese Terminologien, waren verschwommen und verschmolzen, als wir Kinder waren.


Ibrahim
Wir sprechen über uns als Kinder in den Neunzigern. Wenn man sich die Kinder von heute anschaut und die sozialen Medien, die es heute gibt, dann wissen die Kinder viel mehr als wir damals. Wir hatten nicht den Einfluss der sozialen Medien. Unsere Eltern hatten die Möglichkeit, uns vor vielen dieser komplexen Zusammenhänge zu schützen und uns die Unschuld eines Kindes zu erhalten, was heute nicht mehr so oft der Fall ist.
Wie wir schon sagten, sind wir Araber, Palästinenser und israelische Bürger. Also lass uns das aufdröseln, uns eine Komponente nach der anderen vornehmennehmen. Beginnen wir mit der Basis, nämlich arabisch zu sein. Ein Araber ist jemand, der von arabisch sprechenden Eltern geboren wurde. Er spricht Arabisch. Selbst wenn du in den USA geboren bist, deine Geschichte kommt hauptsächlich aus dem Nahen Osten. Das ist es also, was einen Menschen zum Araber macht. Also, Amira, wann hast du dich das erste Mal arabisch gefühlt?

Amira
Also für mich ist es ein bisschen mehr einzigartig. Es hat viel mit meiner Erziehung zu tun, die in Kalifornien, in San Francisco, begann, wo ich als kleines Kind lebte. Ich dachte, ich sei weiß, seiich sei ein weißes amerikanisches Mädchen aus Kalifornien. Es war nicht das Wort “arabisch”, es war eher meine Religion, die ich mit dem Wort “arabisch” verband. Meine Eltern sprachen mit mir auf Arabisch, und ich antwortete auf Englisch. Die Staaten empfand ich als Heimat. Aber es war etwas, was mich von meinen Mitschülern unterschied. Die arabische Sprache, die mit der Religion in Verbindung stand.
Alle brachten ihre Haustiere und ihre Teddybären mit, und ich las einen Vers aus dem Koran vor, weil ich dachte, das würde mich einzigartig machen. Es machte mich einzigartig, es unterschied mich von allen anderen. Und dann, als ich hierher aus den Staaten zurückkamen, nach Palästina, nach Jerusalem, war es, dass ich meine verwirrt Mutter fragte: “Mama, warum heißen hier alle Muhammad? Sind alle meine Cousins, ich fühlte mich eigenartig. Hier ist alles arabisch.” Jeder ist hier Araber. Und da dachte ich: “Ist das… Ist das die Vollendung des Wortes? Das ist arabisch. Und so fing es an zu sein.”

Ibrahim
Du hast dich deiner Gemeinschaft angeschlossen, nachdem du eine arabische Community getroffen hast, richtig?

Amira
Ich würde sagen, ich wurde hingeführt, nicht einfach so verbunden. Ich denke, jedes einzelne Wort, über das wir hier sprechen werden, ist ein Prozess. Es gibt keinen bestimmten Moment, in dem es heißt: Oh, das ist palästinensisch. Oh, es ist arabisch. Nein, ich glaube, es ist eher eine Reise. Es ist eher ein Aufbruch hin zum Verstehen, der, zumindest für mich, bis heute anhält. Aber ich bin sicher, du hat eine ganz andere Erfahrung gemacht.

Ibrahim
Jetzt versuche ich herauszufinden, wann ich das erste Mal gemerkt habe, ein Araber zu sein. Als ich aufgewachsen bin, wusste ich automatisch, dass man Araber ist, weil man Arabisch spricht. Man weiß, dass man Arabisch spricht. Wenn man sich den Kinderkanal für die arabischen Hörer anschaut, stellt man Arabisch ein, und man merkt als Kind, dass wir das sprechen. Ich erinnere mich, wie ich als kleines Kind zu meiner Mutter ging, und sie erzählte mir kürzlich diese Geschichte, dass meine Schwester und ich uns auf Fusha1 unterhielten, weil wir den Zeichentrickfilm nachahmen wollten. Denn in meiner Vorstellung sollten wir so auf Arabisch sprechen. Und das war das erste Mal, dass ich mich meiner arabischen Herkunft bewusst wurde, aber ich denke, wenn man sich bewusst wird, dass man eine Gemeinschaft ist, dann wurde mir auch klar, was jüdisch ist. Ich begann zu erkennen, dass man nicht nur Araber ist, sondern dass es Menschen gibt, die anders sind als man selbst. Da lernte ich mehr jüdische Menschen kennen. Und bei mir war das schon sehr früh der Fall, weil meine Cousins in einer jüdischen Stadt aufgewachsen sind. Sie waren die ersten, die jemals in dieser jüdischen Stadt lebten. Und in den Neunzigern war es überhaupt nicht üblich, in einer überwiegend jüdischen Gemeinde zu leben. Und das taten meine Cousins. Ihre erste Sprache war Arabisch. Entschuldigung. Ihre erste Sprache war eigentlich Hebräisch, und die zweite war Arabisch. Und wenn man aufwächst, sind die Cousins und Cousinen die besten Freunde, und ich ging zu ihnen und übernachtete bei ihnen und all diesen Dingen, aber alle ihre Freunde waren jüdisch, sie schauen Zeichentrickfilme auf Hebräisch. Und für mich war jüdisch einfach jemand, der genauso war wie ich, der aber eine ganz andere Sprache sprach. Um meine Cousins und Cousinen ein bisschen besser kennen zu lernen, musste ich Hebräisch lernen und mit ihnen und ihren Freunden spielen.

Amira
Wow. Bei mir war das ganz anders. Weil ich aus den Staaten hierher kam und Englisch konnte, hatte ich die gleiche Erfahrung. Arabisch brauchte ich, um mit meinen Cousins und Cousinen zu sprechen.

Ibrahim
Es gibt eine Menge Slangwörter, die deine Cousins benutzten. Da du in den USA lebtest, bist du sicher nicht mit ihnen in Berührung gekommen.

Amira
Das Gleiche gilt für den jüdischen Slang, für den hebräischen Slang.

Ibrahim
Oh, absolut. Als ich aufgewachsen bin, habe ich angefangen, den Kinderkanal zu gucken. Man lernt den Slang sofort. Ich bin zuerst mit der Kultur in Berührung gekommen, nicht mit dem, was Israel als Staat ist, als Regierung, nicht mit all diesen Dingen.

Amira
Wie alt wast du?

Ibrahim
Ich glaube, ich habe schon vor der Schule angefangen, die Sprache zu sprechen, wahrscheinlich mit fünf, sechs Jahren, als ich anfing, den Kinderkanal zu sehen. Als ich in der zweiten oder dritten Klasse war, habe ich angefangen, meine Lehrerin im Hebräischunterricht zu korrigieren, und sie war beleidigt und hat mir gesagt: “Nein, nein, du liegst falsch”.
Ich war mir sicher, dass ich im Recht war, weil ich die Sprache schon beherrschte. Aber ich glaube, der zweite Augenblick, mich als Araber zu fühlen, war bei einem politischen Thema, der Zweiten Intifada. Das war das erste Mal, dass ich merkte, dass ich nicht nur Araber bin und diese Sprache spriche, sondern merkte, dass es ein politisches Problem gibt, wenn man Araber ist. Denn das ist es, was wir sind. Und ich erinnere mich an die Intifada. Ich bin in Nazareth aufgewachsen, und die Intifada kam bis vor unsere Haustür in meinem Viertel. Wir hatten Zusammenstöße mit der Polizei, zwischen Zivilisten und der israelischen Polizei. Drei Menschen wurden in meiner Straße getötet. Ich erinnere mich daran, dass ich acht Jahre alt war, es war in den 2000er Jahren. Und ich erinnere mich, dass ich zu meinem Vater sagte, wir waren auf dem Balkon und man hörte das Geschrei, und ich fragte ihn, warum gehst du nicht hin? Ich glaube, man hat den Eindruck, dass die Leute uns vor einem fremden Eindringling beschützen wollen. Und das begann sich als das andere zu formulieren. Und ich sagte: “Okay, warum kämpft ihr nicht? Warum beschützt ihr nicht unsere Heimat? Das habe ich meinem Vater schon als kleines Kind gesagt. Und dann wurde mir klar, dass es hier um etwas Politisches geht, nicht nur um die eigene Gemeinschaft. Und ich erinnere mich, wie ich meine Mutter fragte: Warum sind wir geborene Araber und nicht nur Araber? Warum sind wir hier geborene Araber, wo doch Arabischsein hier keine majoritäre Angelegenheit ist ? Und ich erinnere mich, dass ich meiner Mutter damals die Frage stellte, ob ich Araber oder Palästinenser sei. Und ab der zweiten Intifada begann sich das Wort Palästinenser zu formulieren, zumindest für mich, und ich fing an, mehr und mehr von unserer Geschichte zu verstehen, vom zweiten Libanonkrieg. Und ich wurde mir bewusst, dass es einen Konflikt wegen der Palästina-Frage gibt. So sieht man das mit seinen Kinderaugen. Aber das erste Mal, dass ich mit dieser Frage wirklich konfrontiert wurde, war, als ich in der High School ein Stipendium für einen Aufenthalt in den USA bekam. Ich war Austauschschüler, und wir sollten bei einer amerikanischen Familie leben, in einem amerikanischen Haus wohnen. Und die Idee war, Stereotypen zu durchbrechen. Es wurde vom US-Außenministerium finanziert. Die Idee war, Stereotypen über Araber und Muslime aus dem Nahen Osten bei Amerikanern abzubauen. Und das geschah aufgrund von 911. Es war eine Reaktion auf 911. Und sie baten uns, eine Flagge mitzubringen. Und ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte.
Ich war ein Kind, ich war 16. Und da ich zu dieser Zeit keinen oder nur einen sehr minimalen Kontakt mit dem palästinensischen Aspekt der Kultur hatte, fühlte ich als Kind eine tiefe Verbindung zur Fahne, denn die Fahne war nicht so weit verbreitet, zumindest nicht so, wie ich sie in der Zeit, in der ich aufwuchs und als ich dort war, empfand. Und dann beschloss ich, die Kefiyyah als meine Flagge zu verwenden, weil ich mit der israelischen Flagge nichts anfangen konnte, weil sie jüdische Symbole enthält. Ich bin kein Jude, ich kann mich nicht anschließen. Und gleichzeitig wusste ich nicht, wie die palästinensische Flagge mich als Kind repräsentiert, also habe ich die Kefiyyah gewählt, weil sie das Symbol meiner Kultur ist. Schließlich begann ich damals, mehr und mehr von der Kultur der Palästinenser zu verstehen, und ich wollte sie in gewisser Weise als meine Flagge nutzen.
Und dann lernt man Leute zum ersten Mal Palästinenser aus dem Westjordanland und dem Gazastreifen kennen. Es war in Washington, DC, mit all diesen Kindern aus dem ganzen Nahen Osten. Wir hatten eine Woche lang eine Zusammenkunft in DC, und dort ich traf Leute aus dem Westjordanland und aus Gaza. Und da merkt man, dass die eigenen Erfahrungen anders sind als bei anderen. Denn, weisst du, für diejenigen unter unseren Zuhörern, die nicht genau wissen, wer unsere Community ist, wir sind arabische Bürger Israels, oder arabische 48er. Das sind zwei verschiedene Begriffe, die verwendet werden, um unsere Community oder in der israelischen Rhetorik: israelische Araber zu beschreiben. Wir sind 20 % der Bevölkerung in Israel, israelische Staatsbürger. Wir haben den Pass, wir haben die Staatsangehörigkeit. Jeder Fünfte in diesem Land ist also Araber mit palästinensischen Wurzeln, was den Leuten manchmal gar nicht bewusst ist. Und so sind wir als Community gleichzeitig auch Bürger.
Wenn wir uns das Jahr 1948 anschauen, waren unsere Großeltern, die heute in ihren Gemeinden in Nazareth und anderen Gebieten im Norden Israels leben, Palästinenser, die Teil des palästinensischen Volkes waren, das nach Unabhängigkeit strebte. Als der Krieg begann, wurden einige Menschen getötet, einige flohen, andere blieben. Und die Menschen, die in diesem Gebiet blieben, das Teil des heutigen Israel wurde, sind unser Volk. Und sie blieben an diesem Ort etwa zehn Jahre lang unter Kriegsrecht, dann erhielten sie die Staatsbürgerschaft. Und wir sind die Nachkommen dieser Menschen. Heute sind wir etwa 2 Millionen Bürger. Das ist es, was wir sind: die 48er, und die andere Gruppe ist eine Community, die das Westjordanland und den Gazastreifen hat, die beide heute unter der Palästinensischen Autonomiebehörde stehen oder standen. In Wirklichkeit ist der Gazastreifen unter der Hamas, aber er steht unter palästinensischer Herrschaft. Jerusalem ist völlig anders.
Amira
Das ist eine ganz andere Geschichte.
Ibrahim
Und wir sind 48er und ihr seid 67er. Meine Frage an dich lautet also: Wann hast du dich zum ersten Mal als Palästinenserin gefühlt, oder wann hast du dich mit 67ern identifiziert, um zu erkennen, dass du nicht nur eine Palästinenserin bist, sondern eine Palästinenserin aus Jerusalem. 67. Wann hast du erkannt, dass das deine Identität in diesem Sinne ist?

Amira
Bevor ich also über meine Erfahrungen spreche, sollten wir unterscheiden, was 67 bedeutet. Vor dem Jahr 1967 gab es also Jerusalem. Ostjerusalem war unter jordanischer Herrschaft, unter jordanischer Kontrolle. Und dann gab es den 67er-Krieg. Und in der Zwischenzeit hatte Israel die Kontrolle über Westjerusalem. Und während des 67er Krieges annektierte Israel Ostjerusalem und erweiterte damit die Grenzen Jerusalems und blieb dann. Die Frage war, was wird mit den Palästinensern geschehen, die in Ostjerusalem leben? Werden sie die israelische Staatsbürgerschaft erhalten, so wie es mit den Arabern von 48 oder den Palästinensern von 48 der Fall war? Oder werden sie in der Stadt bleiben und umziehen? Das war die Situation. Es war verwirrend. Und die Frage: Was wird mit den Menschen in diesem Land geschehen, die dort leben? Und die Frage bleibt bis heute bestehen, die Bürger, die Bewohner erhielten israelische Aufenthaltsgenehmigungen, vorübergehende israelische Aufenthaltsgenehmigungen, in der Hoffnung, eines Tages eine Lösung zu finden, zu wissen, was passieren wird. Das versetzte die Menschen in Jerusalem in einen Status der Ungewissheit.

Und jetzt komme ich zu meiner Geschichte, als ich mich als Palästinenserin fühlte. Am Anfang, als meine Familie aus den Staaten zurückkam, ich weiß nicht einmal mehr, wie ich es nennen soll, ob ich Israel oder Palästina sagen soll. Aber in unserer Vorstellung kamen wir zurück nach Palästina. Wir wohnten in Ramallah in einem Familienhaus, das uns in Ramallah gehörte. Wir fuhren hin und her, denn die Hälfte unserer Familie lebt in Ramallah im Westjordanland, die andere Hälfte in Jerusalem. Wir fuhren also immer wieder hin und her. Hin und her bedeutet, dass man hin und her durch einen Kontrollpunkt muss, was absolut demütigend ist. Und wenn wir den Aspekt der Demütigung einmal beiseite lassen, dann kostet das Hin und Her, das Warten in der Schlange, sei es mit dem Auto oder in der Schlange, sehr viel Zeit.
Ich erinnere mich, dass ich meine Großmutter besuchte. Ich erinnere mich, dass mein Vater duschen wollte oder jemand wollte duschen. Und meine Großmutter sagte, oh, heute gibt es kein Wasser. Wir haben das Wasser aufgebraucht. Ihr müsst also warten, oder ich kann euch Wasser aufwärmen. Ich fragte: “Was soll das heißen, sie haben kein Wasser? Warum haben sie kein Wasser? Warum sind wir anders?” Und dann kam natürlich: “Oh, Gott sei Dank, wir leben in Jerusalem”.” Warum ist da ein Unterschied?” Und dann kam die Frage: Bin ich ein Palästinenserin? Ich lebe nicht unter denselben Bedingungen wie die Menschen im Westjordanland, das hauptsächlich palästinensisches Gebiet ist, das, was wir als Palästina sehen, oder das, was nur als Palästina bezeichnet wird. Bin ich also Palästinenserin? Ich leide nicht unter dem palästinensischen Leiden, doch ich habe meine eigene spezifische Art von Leiden, nämlich das Leiden einer Jerusalemerin.

Ibrahim
Du sagst also, dass du eine Mischung aus Arabern, Muslimen, Palästinensern und Jerusalemern bist, aber du weißt auch, dass es verschiedene Identitäten gibt, die darüber hinaus existieren.

Amira
Genau. Es war alles eine Mischung aus beidem. Es war muslimisch, es war arabisch, es war palästinensisch. Aber ich bin was? Es war eine Frage, selbst wenn die Leute mich fragten, sagte ich bis heute: Jerusalem, Jerusalem, weil es so einzigartig ist, so spezifisch für das, was ein Palästinenser aus Jerusalem durchmacht.
Und dann hatte ich eine Tante, die in eine Familie eingeheiratet hat, die im Norden lebte. Und jetzt, wo ich darüber nachdenke, finde es interessant, wie unterschiedlich die beiden waren. Wie wir uns gegenseitig sahen und betrachteten. Wenn ich meine Mutter fragte, sagte sie mir, dass sie aus dem Norden kämen, Leute aus dem Norden seien.
Wo ich hingehöre, sind die Grenzen die von Ost-Jerusalem. Und als ich aufwuchs, war ich so fasziniert von der Frage: Moment mal, aber wie unterscheiden wir uns? Und dann begann ich, nach und nach zu lernen.Ich spürte, dass es einen Unterschied gab, so wie ich auch einen Unterschied zwischen meinem Palästinensertum, meinem Gefühl, Palästinenserin zu sein, und dem meiner Großeltern sah, die im Westjordanland lebten.
Und dann ging ich zur Universität. Wir werden gleich über Bildung sprechen, und später werden wir speziell über Jerusalem sprechen. Aber aufgrund des Bildungssystems ist es extrem schwierig , an eine israelische Universität zu kommen, wenn man aus Ost-Jerusalem kommt, wegen der Sprache, wegen des Unterschieds. Und es ist etwas sehr weit Entferntes, über das wir nichts wissen, weil es das andere ist. Man geht an einen Ort, der einem nicht vertraut ist. Und da ist vor allem das Fehlen der Sprache, das Fehlen von Hebräischunterricht.

Ibrahim
Ist Hebräisch in Ostjerusalem nicht Pflichtfach?

Amira
In einigen Schulen schon, aber es ist nicht verpflichtend. Wenn man in Ostjerusalem in ein Restaurant geht, sind die Schilder auf Arabisch, natürlich sind die städtischen Schilder in allen drei Sprachen, Hebräisch, Englisch und Arabisch. Aber die Schilder von Restaurants und Supermärkten sind alle auf Englisch und Arabisch, und das mögen die Leute nicht. Hebräisch hört man nicht jeden Tag, es sei denn, es geht um die Polizei oder um Soldaten. Das haben wir also nicht. Oder es sei denn, wir fahren nach Westjerusalem, um einzukaufen oder aus medizinischen Gründen zur Bank zu gehen, um solche Dinge zu erledigen.
Und das ist eine große Lücke, etwas, das die Jerusalemer im Allgemeinen nicht nur daran hindert, sich zu integrieren, sondern auch daran, im Leben voranzukommen. Ich bin also nicht auf eine israelische Universität gegangen. Meine einzige Möglichkeit war, ins Westjordanland zu gehen und an einer palästinensischen Universität zu studieren. Ich studierte also an der Al Quds Universität. Und ich erinnere mich, dass der Umgang mit den Menschen, die Art, wie sie sich verhalten, völlig anders war als die Jerusalemer, die ich gewohnt bin. Und nicht nur der Dialekt, sondern auch die Kultur der Menschen, ihre Sprache, ihre Körpersprache, alles ist völlig anders. Und dann ist auch ihre Wahrnehmung von mir völlig anders. Du bist anders, ich bin anders. Es ist wie, “Ah, die Jerusalemer”. Oder, “Oh, die Leute von drinnen. Ihr habt es leicht. Ihr werdet fürs Leben bezahlt. Ihr lebt umsonst”.
Ich fragte mich: “Was ist hier los? Das ist nicht die Wirklichkeit, so viele Fehlinformationen.” Und ich habe diese Dinge gehört. Es ist nicht etwas, worüber man spricht. Ich habe diese Dinge mit meinen eigenen Ohren gehört. Die Leute haben darüber geredet und dann ist es passiert. Ich habe israelische Angriffe auf die Universität miterlebt und bin vor Stuntgranaten oder Tränengas in Deckung gegangen. Und dann habe ich gemerkt: “Okay, zu allererst fühle ich mich als Palästinenserin.”

Ibrahim
Du begannst, die Erfahrungen zu verstehen, von denen sie dir erzählen.

Amira
Schließlich gehe ich zurück nach Jerusalem. Und das werden auch meine eigenen Erfahrungen. Es ist jedesmal eine eigene Prüfung, wenn ich jeden Tag zur Universität hin und zurück fahre, was eigentlich nur 15 Minuten mit dem Auto dauern sollte, aber wegen der Checkpoints so viel mehr Zeit braucht. So hat sich meine palästinensische Identität herausgebildet. Das ging für mich immer noch mit arabisch und muslimisch einher.

Ibrahim
Und du habst es schon ein bisschen angesprochen. Für mich war die Sprache einer der Gründe, warum ich schon früh in der Lage war, mit Menschen in Kontakt zu treten und mit jüdischen Menschen in Kontakt zu kommen. Die Sprache ist der Schlüssel, und die Sprache gibt dir Zugang zur Kultur, nicht nur die Fähigkeit zu sprechen. Ich bin damit aufgewachsen, dass ich den Kinderkanal auf Hebräisch gesehen habe. Für mich ging es nicht nur darum, die Sprache zu lernen, sondern auch darum, dass es die normalen Zeichentrickfilme gab, die wir uns alle angesehen haben, aber auch andere Sendungen, die kulturell passender waren.

Amira
Ich habe noch nie von diesen Kanälen gehört.

Ibrahim
Weißt du, keiner meiner Freunde in Nazareth hat die Kinderkanäle auf Hebräisch gesehen, außer mir. Außer mir. Ich fühlte mich in diesem Sinne als Außenseiter. Wenn ich über diese Zeichentrickfilme sprach, sprach ich nur mit meinen Cousins und ihren jüdischen Freunden darüber, aber nicht mit meinen Freunden. Ich war ein großer Fernsehnarr. Es gab mir auch einen Einblick in die jüdische Kultur, weil sie an jedem Feiertag über den Feiertag sprachen, woher er kommt, die kulturellen Aspekte. Das habe ich also aufgesogen. Und es gab mir die Fähigkeit, mit den Menschen in Kontakt zu treten und sie nicht mit einem politischen Blick zu betrachten, denn das tat ich von klein auf nicht. Ich betrachtete sie als Menschen mit einer anderen Kultur, die mich faszinierte.
Meine Frage ist, da du erwähnt hast, dass die Sprache eine große Barriere darstellt, wann kam der israelische Teil Ihrer Identität ins Spiel? Und war die Sprache dabei ein Schlüsselelement? Und was geschah, damit Sie auch Teil der israelischen Identität wurde?

Amira
Ich glaube, ich bin immer noch dabei, den israelischen Teil meiner Identität kennenzulernen. Ich bin immer noch auf Suche nach Aspekten meiner Identität. Ich denke, dass Identität etwas sehr Komplexes ist und man ein Leben lang braucht, um sie zu erkunden und zu sehen, was einem gefällt. Und wenn man etwas Eigenes hinzufügen will, dann muss man es auch tun.
Aber wenn es um den israelischen Teil meiner Identität geht, denke ich, dass es mich gebraucht hat. Ich werde Ihnendir sagen, was genau mit mir geschah, weil ich als Außenseiterin kam und Englisch sprach. Wie du sagtest, ist die Sprache ein sehr wichtiges Werkzeug. Ich kam mit meinem Englisch. Wenn ich also von Ostjerusalem, meinem kleinen Dorf, nach Westjerusalem ging, traf ich Leute, hörte sie Englisch sprechen und dachte: Das klingt wie zu Hause. Das klingt wie in den Staaten. Ich sie ansprechen und habe sie als Teenager angesprochen, und wir haben uns auf Englisch unterhalten, mit amerikanischem Akzent, und es war wie bei diesen Leuten. Für mich war das völlig normal, und es war in Ordnung. Und ich dachte, oh, diese Amerikaner.
Dann lernte ich, dass es Juden, Israeli und Besatzer gibt. Denn abgesehen von den Checkpoints,war alles normal. Für mich war es also normal, dass wir in einer beschissenen Situation sind, weil wir Palästinenser sind. Aber ich habe nichts außerhalb davon gesehen. Ich dachte nicht: “Oh, das muss sich ändern. Ich war noch jung. Ich dachte, es ist, wie es ist. Aber dann erinnere ich mich, dass wir eines Tages in ein neues Haus zogen, und einen Monat später, als ich von der Schule nach Hause kam, sah ich einen Haufen Soldaten, die klatschten und den Teilabriss unseres Hauses, ankündigten.

Ibrahim
Wow.

Amira
Und ich schaute hin und fragte mich: Was passiert da? Es gab keine Vorwarnung. Es gab nichts, gar nichts. Wir haben das Haus hier gekauft, und dann, ein oder zwei Monate später, fand der Teilabriss statt. Und wohlgemerkt, es war niemand zu Hause. Sie kamen einfach.

Ibrahim
Sie haben abgerissen und einfach abgerissen.

Amira
Es war niemand zu Hause.

Ibrahim
Du kamst gerade an und sahst nur Soldaten vor deinem Haus und dann, dein Dach ist weg.

Amira
Und da habe ich angefangen zu sehen, okay, es gibt etwas, das man Besatzung nennt. Und es sind nicht nur Checkpoints und es heißt Israel. Und das ist etwas, das wir nicht aussprechen. Wir sagen dieses Wort nicht in Ost-Jerusalem. Es ist wie ein Tabu.

Ibrahim
Es heißt al-ihtilal .

Amira
Es heißt al-ihtilal: Die israelische Besatzung. Es gibt überhaupt keine Anerkennung des Staates Israel. Das ging so weit, dass ich, wenn ich wieder sagen wollte, wo ich herkomme, um den ganzen Quatsch zu vermeiden, einfach sagte: Ich komme aus Jerusalem. Das hat meine Jerusalem-Identität noch mehr und mehr gestärkt. Aber dann, als ich älter wurde, fing ich an zu arbeiten, und ich fing an, Leute aus dem Norden zu treffen, ich fing an, mehr Israelis zu treffen, und ich war wie, okay, ich bin sehr verwirrt. Ich bin extrem verwirrt.

Ibrahim
Bist du immer noch verwirrt?

Amira
Ich bin immer noch verwirrt. Wenn es um Israel und die so genannte Demokratie geht, gibt es viele gute Gesichter. Es gibt viele gute Bilder von Israel, von Situationen, in denen Araber die gleichen Chancen haben und sich gut entwickeln. Es gibt viele gute Geschichten.

Ibrahim
Ja. Ich muss sagen, wir sind immerhin 48er, wir sind 20% der Bevölkerung. Aber wenn man sich die Ärzte und Krankenschwestern anschaut, 50%, wir sind 30% bei den Ärzten und Krankenschwestern, bei den Apothekern sind wir 50%.
Und die Anwälte auch.

Amira
Im Gesundheitswesen im Allgemeinen, glaube ich, sind es 50%.

Ibrahim
Im Gesundheitswesen sind es dreißig Prozent, wirklich. Dreißig Prozent des Gesundheitswesens, zwischen 30 und 40 %, das ist eine Menge für 20 % (Bevölkerungsanteil). Wir können also erfolgreich sein.

Amira
Aber man wird nach seinem schlechtesten Image beurteilt, und das hat mir ein israelischer Freund erzählt. Und das schlimmste Bild Israels ist Jerusalem, wo es Menschen gibt, die keine Bürger sind, sondern in einer Art Vorhölle des Leidens gehalten werden. Jeder einzelne Lebenszyklus ist ein Kreislauf, in dem es keine wirklichen Grenzen gibt, die Ostjerusalem abgrenzen.

Ibrahim
nach Westen.

Amira
Ja, es gibt keine wirklichen Grenzen, nicht wie im Westjordanland, es gibt keine wirkliche Grenze, aber es gibt diese unsichtbare, eine Trennung, die man fühlt. Wenn man vom Damaskustor, von Babel Amud bis zur Mamilla Mall geht, geht man als Palästinenser, als Jerusalemer, in fünf Minuten von einer Mehrheit zu einer Minderheit.

Ibrahim
Interessant.


Amira
Man wechselt also von seinem Volk, von seiner Kultur, vom Hören des Adhan2 in seinem Ohr zu Menschen, die deine Sprache nicht sprechen. Und wenn man aus Ostjerusalem kommt und kein Hebräisch spricht, ist man plötzlich in Chinatown, und es dauert nur fünf Minuten. Es gibt also diese Barriere, die Israel aufrechterhält und den Status quo bewahrt hat. Zugegeben, Jerusalemer können die israelische Staatsbürgerschaft beantragen. Ich für meinen Teil habe die israelische Staatsbürgerschaft, aber ich habe eine besondere, eine einzigartige Situation. Ich wurde mit ihr geboren. Aber die Mehrheit der Ostjerusalemer ist aufgrund des Status quo, aufgrund der politischen Situation und wegen der 67 nicht dafür qualifiziert.

Ibrahim
Sie ziehen es vor, ihre Jerusalemer Macht zu behalten.

Amira
Ich habe vor dem Krieg eine Statistik gelesen, wonach der Prozentsatz der Menschen in Ostjerusalem, die die Staatsbürgerschaft beantragen und haben wollen, gestiegen ist. Ich weiß nicht, was nach dem Krieg geschehen ist, aber unabhängig davon, ob sie alle die Staatsbürgerschaft wollten, ist es für Israel von Nachteil, ihnen die Staatsbürgerschaft zu geben. Und das macht es extrem schwierig. Äußerst schwierig.

Ibrahim
Warte. Es ist ein Nachteil. Für wen?

Amira
Für die? Für Israel.

Ibrahim
Warum ist die Nationalität ein.

Amira
Nachteil, wenn man in der Regierung des einzigigartigen jüdischen Staates ist, zu dem 20% Araber zählen. Wenn man Ostjerusalem herausnimmt, würdest du dann den Prozentsatz der Araber, die den Premierminister wählen können, erhöhen wollen?

Ibrahim
Auf jeden Fall.

Amira
Wenn du Israeli wärst, wenn du ein rechter Israeli in der Regierung wärst?

Ibrahim
Wie viele Einwohner hat Ostjerusalem?

Amira
Heute leben in Ostjerusalem etwa 580.000 Menschen. 61% davon sind Araber, Palästinenser. Und der Rest, die restlichen 39 Prozent sind jüdisch.

Ibrahim
Ich meine, das ist eine Menge. Aber wenn wir uns Jerusalem ansehen, ist es auch sehr kompliziert zu bestimmen, was Jerusalem ist. Ich denke, dass Jerusalem eine eigene Episode braucht.
Denn Jerusalem hat sich vergrößert, die Flüchtlingslager, die vorher nicht zur Stadt gehörten, wurden Teil der Stadt und haben die Bevölkerung der Stadt vergrößert, die ursprünglich gar nicht zur Stadt gehörte. Es gibt also so viele Elemente. Aber wenn wir über Diskriminierung und all diese Dinge sprechen, dann ist sie das Schlimmste. Man wird diskriminiert, weil man anders ist, man wird per Gesetz diskriminiert. Denn ich kann an den Wahlen teilnehmen und du nicht. Richtig. Aber du darfst bei Kommunalwahlen wählen, nicht bei Regierungswahlen.


Amira
Nicht in der Regierung.

Ibrahim
Du hast also viel weniger Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen. Und das ist ein Problem. Und der Staat muss seine eigenen Antworten finden. Es ist mir egal, ob sie ein Problem damit haben, dass unsere Wahlbeteiligung steigt. Ich meine, wir haben sowieso keine so hohe Wahlbeteiligung. Und die Menschen in Ostjerusalem gehen nicht einmal bei den Kommunalwahlen in so großer Zahl zur Wahl. Wenn also jemand von der extremen Rechten diese Ausrede benutzt, dann ist das eine Ausrede für ihre Angst um ihre eigene politische Macht. Und es ist nicht mein Problem, dass sie sich wegen der Zahlen Sorgen machen werden. Wir sind hier, wir existieren.

Amira
Es hält die Bevölkerung zusammen. Es geht nicht nur darum, nicht zu wählen. Das sind Leute, die keine Staatsbürgerschaft haben. Sie haben zum Beispiel kein Reisedokument. Einige von ihnen haben entweder ein palästinensisches oder ein vorläufiges jordanisches Reisedokument, aber keine Staatsbürgerschaft. Sie haben also keine jordanischen Rechte. Sie haben nur das jordanische Dokument, mit dem sie reisen können. Andere müssen ein so genanntes  Laissez-passer  beantragen, das ist eine Art Reiseerlaubnis, eine Art befristetes Visum. Ich bin auf dieses Privileg gestoßen, als ich an einem Schüleraustausch teilgenommen habe. Mit meiner Schule fuhren wir nach Deutschland, also mussten wir alle reisen. Und jeder wurde gebeten, Papiere auszufüllen, was übrigens ein großes Thema ist, wenn man Palästinenser ist und nicht weiß, was man ausfüllen soll. Aber wir füllten die Papiere aus. Und dann gab es diese Reise zum Innenministerium, und ich fragte mich, warum? Warum gehen wir zum Innenministerium? Oh, nein, das war nicht meine Frage. Ich habe mich gefragt: Warum gehe ich nicht ins Innenministerium? Weil ich und ein anderes Mädchen in der Klasse saßen und an diesen außerschulischen Aktivitäten teilnahmen, während alle anderen in einem Land auf einer Exkursion waren. Warum Innenministerium?, um Laissez-passer  zu beantragen, also Reisedokumente, um das Land verlassen zu können. Da habe ich den Unterschied zwischen meiner palästinensischen Identität und der in Jerusalem selbst gespürt. Ich dachte: Okay, ich unterscheide mich nicht nur von den Arabern im Norden von den Palästinensern im Norden, ich unterscheide mich nicht nur von den Palästinensern im Westjordanland, sondern auch von denen, die ich hier habe. Das ist ein Unterschied. Ich habe die israelische Staatsbürgerschaft, die die meisten meiner Klassenkameraden nicht haben.
Um das klarzustellen, der einzige Grund, warum ich die israelische Staatsbürgerschaft habe, ist der, dass meine Mutter sie hat. Mein Vater hat sie erst kürzlich bekommen, nachdem er sie jahrelang beantragt hatte.

Ibrahim
Also, selbst wenn man sich bewirbt, ist es nicht so, dass man sie mit einem Klick bekommt, wie eine Ost-Jerusalem-Idee, weil es so klingt, als würde Israel einem anbieten, sich zu bewerben. Wenn ich mich also bewerbe, bekomme ich es in 2 Sekunden?

Amira
Aber so ist es nicht. In Wirklichkeit haben sie uns unter die Lupe genommen. Sie haben uns buchstäblich gequält, Papiere hin- und hergeschoben, uns falsche Hoffnungen gemacht. Allerdings können wir wegen der Situation meines Vaters nicht als Familie reisen, denn er ist im Krankenhaus. Er durchläuft diesen langen Prozess, um die israelische Staatsbürgerschaft zu beantragen.
Sie würden uns sagen, dass das Haus zu klein ist dafür, nachdem sie die Hälfte davon abgerissen haben. “Euer Haus ist zu klein, um sechs Personen darin wohnen zu lassen. Wir glauben den Informationen nicht, die Sie uns geben. Da ist etwas faul. Es ist unmöglich, dass Sie so viel Strom verbrauchen.” Das sind die Vorwürfe, die man uns machte. Am Ende schickten sie plötzlich und ohne Vorankündigung jemanden zu uns nach Hause, um sich zu vergewissern, dass alle anwesend waren, und um unser Haus zu vermessen, um sicherzustellen, dass die von uns gemachten Angaben korrekt waren. Und nach einem langen Prozess und einer Menge Geld hat mein Vater sie schließlich bekommen, die israelische Staatsbürgerschaft.


Ibrahim
Dann ist es nicht verwunderlich, dass du dich nicht zurecht findest. Sagen wir es mal so. Bei all diesen komplexen Sachverhalten und auch in deinem speziellen Fall in Jerusalem ist es wirklich schwierig. Es ist ein Weg, die wir alle durchlaufen müssen, um unsere Identität zu entschlüsseln, denke ich. Ich kann dir sagen, dass ich auch lange Zeit nicht durchgesehen habe. Ich wuchs als Kind als Araber in Israel auf. Und ich glaube, als ich dann anfing, wirklich viel auf Hebräisch zu sehen, habe ich später im Leben viel auf Hebräisch konsumiert. Ich glaube, das hat auch meine Selbstwahrnehmung beeinflusst und mich vielleicht ein bisschen israelischer gemacht, weil alles, was ich von der Mittelschule bis zur High School konsumiert habe, so viel auf Hebräisch war. Selbst wenn ich mir einen Film ansah, las ich die Untertitel auf Hebräisch, nicht auf Arabisch.

Amira
Oh, wow.

Ibrahim
Ich habe sie dann schneller gelesen. Und eigentlich hat das meine Wahrnehmung definitiv beeinflusst. Und ich habe das Gefühl, dass der israelische und der palästinensische Teil von mir verschiedene Phasen durchlaufen haben.
Und ich erinnere mich, dass eine der wichtigsten Phasen die war, als ich in der High School in die USA ging, was meine palästinensische Identität stärkte. Und als ich dann an die Universität ging, kam ich auch mit den anderen palästinensischen Identitäten in Berührung, die es da draußen gibt, nicht nur im Westjordanland und im Gazastreifen, sondern auch, weil ich 2011 und zwölf während des Arabischen Frühlings mein Studium an der amerikanischen Universität in Kairo in Ägypten begann.

Vielleicht werden wir eines Tages mehr über die Erfahrung sprechen, eine Revolution in einem Land zu erleben, in dem man eigentlich studieren sollte. Aber ich erinnere mich, dass mein Zimmergenosse damals ein palästinensischer Flüchtling im Libanon war. Und als wir uns zusammensetzten und anfingen, unsere Geschichten und unsere Lebensrealitäten zu vergleichen, konnte ich nicht glauben, wie unterschiedlich wir sind. Ich meine, zunächst einmal war die Tatsache, dass wir eine so unterschiedliche Realität haben, die eine Sache, und die andere war, dass ich nicht verstehen konnte, wie wir hier in Israel in einem Land leben können, in dem man, wenn man eine sehr starke palästinensische Sichtweise hat, in gewisser Weise in einem feindlichen Staat lebt, oder in einem Land, das am Ende des Tages nicht das Beste für einen will.

Aber ich konnte nicht verstehen, wie ich in Israel mehr Rechte haben konnte. Es ist nicht einmal vergleichbar, denn die palästinensischen Flüchtlinge im Libanon hatten keine Rechte. Und ich konnte nicht verstehen, dass ich in Israel Rechte habe, während alle sagen, er sei der Feind und all diese Dinge, und ein Palästinenser ist in einem anderen arabischen Land und hat keine Rechte. Das war es für mich. Ich konnte diese Erkenntnis nicht begreifen. Und dann bin ich in die USA gegangen und habe dort weiter studiert. Plöötzlich war ich Israeli. Ich wurde aufgefordert, Ägypten zu verlassen, weil ich dort an einer Revolution beteiligt war und niemand mir ein Visum geben wollte, um weiter zu studieren. Letztendlich bin ich ein israelischer Student, und ich erinnere mich, dass ich nach Ablauf meines Visums noch länger geblieben bin, weil ich mit einem Touristenvisum eingereist war und ich von der Universität selbst ein Studentenvisum bekommen sollte. Und ich erinnere mich, dass ich blieb, nachdem mein Visum abgelaufen war, und ich bekam ein offizielles Schreiben von der ägyptischen Regierung und es war buchstäblich, buchstäblich wie folgt an die Universität geschrieben:
Sie haben einen israelischen Studenten namens Ibrahim Abu Ahmad. Der israelische Student, Ibrahim Ahmad, hat seinen Aufenthalt verlängert. Der israelische Student muss die Universität und das Land verlassen. Und sie haben dem israelischen Studenten fünf, sechs Mal geschrieben.

Um das zu unterstreichen. Und ich wurde dort als Israeli beurteilt, nicht als Araber. Ich schrieb eine Petition darüber, dass ich Araber und Muslim bin, aber das interessierte am Ende niemanden und ich musste gehen. Und ich glaube, als ich in Ägypten war, wurde mir klar, dass es ein israelisches Element in meiner Identität gibt, das in gewisser Weise relativ stark ist, denn als ich in Ägypten ankam, hatten meine ägyptischen Freunde keine Ahnung, was arabischer 48er ist. Sie hatten keine Ahnung, dass es uns gibt. Sie waren sich sicher: Israel ist jüdisch, Palästina ist arabisch. So schwarz und weiß ist das. Und als ich ihnen meinen Pass zeigte, wollten die Leute Fotos machen. Sie waren völlig verblüfft. Da steht ein arabischer Name in einem israelischen Pass. Sie konnten es nicht glauben. Aber dann ging ich in die USA, und in den USA wissen Sie, wie die westliche Welt zum israelisch-palästinensischen Konflikt steht. Und ich wollte aufgrund meiner ägyptischen Erfahrungen und weil ich eine Revolution gesehen hatte, internationale Beziehungen studieren. Ich glaubte an die Macht des Einflusses, und deshalb wollte ich dieses Thema studieren. Und dort wollte ich wirklich mehr über meine palästinensische Identität lernen und verstehen, und das hat mich sehr gestärkt. Aber dann bin ich jeden Sommer nach Hause gefahren und habe in einem israelischen Restaurant in Tiberius gearbeitet. Alle meine Kollegen sind jüdisch. Sie sind alle gleichzeitig Freunde von mir. Und ich habe tolle Beziehungen zu ihnen allen aufgebaut. Da merkt man wieder, dass es nicht so schwarz-weiß ist, wie es ist. Und ich war so lange so verwirrt, bis ich, glaube ich, zu meiner eigenen Klarheit gekommen bin.
Heute glaube ich, dass ich all das bin, was ich bin. Ich bin Araber, ich bin Palästinenser und ich bin Israeli. Mein Arabischsein ist die Sprache. Sie ist ein Teil meiner arabischen Welt. Mein palästinensisches Wesen ist für mich die Kultur, unsere interne Kultur, sogar im Norden, wo die Leute das Gefühl haben, dass wir so getrennt und anders sind, aber unsere Kultur, das Essen, die Normen, alles das, war für mich palästinensisch.
Und der dritte Punkt ist, dass Israeli auch Kultur ist, denn das ist es, was Israeli für mich ausmacht. Wenn wir über die Tatsache sprechen, dass wir Araber, Palästinenser und Israelis sind, ist das israelische Element der kulturelle Aspekt. Es geht nicht nur darum, dass ich mit dem Kinderkanal aufgewachsen bin, sondern auch darum, mit anderen Israelis, Juden, zusammenzuleben, Freunde zu haben, zu ihren Hochzeiten zu gehen, ihre Feiertage zu besuchen, die Feiertage gemeinsam zu erleben. Und ich denke, der andere Teil davon ist die Erkenntnis, dass meine Realität als Israeli nicht die Realität des Westjordanlandes ist, nicht die Realität des Gazastreifens und definitiv nicht die Realität eines Flüchtlings. Unsere Realität ist, dass wir in Israel geboren wurden und dies Teil dessen ist, was wir sind. Und der kulturelle Austausch, den wir haben, findet nicht nur auf individueller Ebene statt. Wir tun es als Gemeinschaft und wir als Gemeinschaft mischen eine Menge Sprache. Wenn sich zwei Araber aus dem Norden miteinander unterhalten, wird die Hälfte ihrer Worte mit Hebräisch vermischt sein. Es gibt so viel Hebräisch in unserem Slang. Also haben wir unsere Kulturen miteinander verschmolzen. Wir haben etwas von der israelischen Kultur und der Sprache übernommen. Das ist also ein Teil dessen, was wir heute sind. Und übrigens auch umgekehrt. Jüdische Leute benutzen heutzutage so viel Arabisch, wenn sie Hebräisch sprechen, das ist verrückt.

Amira
Hast du sie fluchen hören?

Ibrahim
Na ja, weißt du, sie tun das am meisten, wenn sie fluchen, weil Flüche auf Arabisch leidenschaftlicher sind. Das ist einfach so. Und die Leute lieben es, auf Arabisch zu fluchen, das verstehe ich. Aber es ist noch bizarrer. Nicht wenn sie fluchen, sondern wenn sie nicht wissen, dass das Wort, das sie benutzen, eigentlich arabisch ist. Ja, manchmal sind sie sich sicher, dass es sich um eine Abwandlung eines hebräischen Wortes handelt, und sie verstehen nicht, dass das, was sie benutzen, eigentlich arabische Wörter sind. Aber so sehr ist unsere Kultur in gewisser Weise miteinander vermischt. Aber wir, als Gemeinschaft, haben das Gefühl, dass es dieses Gefühl gibt, weil wir arabische Israelis sind, gibt es dieses Gefühl. Man ist entweder dies oder das. Und wenn man sich mit der israelischen Seite verbindet, hat man das Gefühl, die palästinensische Seite zu verraten. Und ich glaube, deshalb stecken wir als Gemeinschaft in diesem Schwebezustand zwischen diesen Identitäten fest.
Und für uns stellt sich die Frage, was ist Israel und was ist palästinensisch und wie kommen diese Dinge zusammen? Aber ich hatte das Gefühl, wenn ich alle diese Dinge als Teil meiner Identität ansehe und nicht das eine über das andere stelle, dann ist es nicht so, dass das eine mehr ist als das andere. Und ich habe versucht, dieses Spiel zu spielen, dass mir das eine wichtiger ist als das andere. Ich habe mich persönlich sicherer gefühlt. Ich fühlte mich sicherer, was meine palästinensische Identität anging, und ich fühlte mich besorgter über die israelische Identität. Selbst wenn ich zu dir nach Ostjerusalem komme und einer der Soldaten mich anhält, spreche ich mit ihm wie mit einem Bürger, nicht wie mit einem Araber, nicht wie mit einem Palästinenser, nicht wie mit jemandem, der besorgt ist. Wenn dieser Soldat etwas von mir will, schaue ich ihm einfach in die Augen und frage: “Was wollen Sie? Ich bin ein Bürger. Ich habe Rechte. Und ich brauchte dieses Gefühl. Ich brauchte ein vollständiges Bild meiner Identität, um mich an diesem Ort wohl zu fühlen. Und so ist es auch mit meiner palästinensischen Seite meiner Identität. Jetzt bin ich viel mehr im Frieden.
Und du hast immer noch deinen Weg vor dir, also viel Glück dabei. Es ist nicht leicht, die Antworten zu finden, die man sucht. Und ich bin sicher, dass ich mir diese Frage auch in Zukunft immer wieder stellen werde.
Wie siehst du all diese drei Elemente oder Identitäten zusammengenommen?

Amira
In gewisser Weise sind all diese Identitäten miteinander verschmolzen. Ich antworte genauso, wie du es dargestellt hast. Ich fühle alles von dem oben genannten. Ich fühle all das, weil ich es nicht bin.

Ibrahim
Interessant.

Amira
Ergibt das einen Sinn?

Ibrahim
Nein. Erklär das bitte.

Amira
Ich fühle all das, weil ich es nicht bin. Das bedeutet, dass ich Zeit gebraucht habe, um zu erkennen, dass ich es nicht bin. Ich gehe nicht mit jeder Identität als Ganzes in Übereinstimmung, sondern mit bestimmten Teilen jeder Identität und habe deshalb Teile von jeder genommen und eine einzige daraus gemacht.

Ibrahim
Ganz genau.

Amira
Und wenn ich sage, ich gehe zurück zum Schwarz-Weiß-Denken, wenn ich sage, ich bin Palästinenser, Israeli und Araber, warum passen diese Dinge zusammen? Warum kollidieren diese Dinge nicht?

Ibrahim
Weil man es nicht von der politischen Identität aus betrachtet.

Amira
Ich betrachte es nicht als politische Identität. Und gleichzeitig gebe ich ihm meine eigene Note. Ich bin diejenige, die definiert, was palästinensisch ist, was es für mich bedeutet, Israeli zu sein, denn das bin ich nicht. Ich bin nicht völlig israelisch. Es gibt Dinge in der Kultur, es gibt Dinge in der Religion des Judentums, mit denen ich überhaupt nicht übereinstimme. Das größte Beispiel ist der Unabhängigkeitstag. Ich bin sicher, wir beide lieben unsere jüdischen Freunde. Aber am Unabhängigkeitstag sitze ich in meinem Zimmer ohne sozialen Medien, weil ich diesen Scheiß nicht sehen will, vor allem, weil unser Leid nicht anerkannt wird. Und das war der Punkt, an dem ich das Gefühl hatte. Ja, an einem bestimmten Punkt gibt es ein Hoch und ein Tief für jeden. Meine israelische war auf einem Hoch. Und dann kam der Unabhängigkeitstag und es ging steil bergab. Ich bin also alles, aber nicht alles in vollem Umfang. Also, ja, ich bin alles von allem, wie ich schon sagte, immer noch auf der Reise, das zu entdecken. Alles von alledem. Vielleicht behalte ich es. Vielleicht lasse ich ein paar davon weg, ich habe diese israelische Erfahrung, ich habe diese arabische Erfahrung und ich habe diese palästinensische Erfahrung. Und keine einzige Person kann mir etwas anderes erzählen.

Ibrahim
Auf jeden Fall. Es ist unsere Erfahrung. Das ist die Art und Weise, wie wir all diese Dinge erleben. Für mich ist der israelische Teil die Kultur. Es geht nicht darum, israelisch zu sein im Sinne von jüdisch zu sein und die Nationalhymne zu singen oder zur Armee zu gehen oder irgendetwas von diesen Dingen, mit denen sich ein Jude in Israel vielleicht als israelisch sehen kann. Und vielleicht ist das für ihn so, vielleicht bin ich es nicht. Für ihn wird es auf bestimmte Elemente ankommen, die für mich nicht zutreffen. Aber ich sehe es so, dass ich Hebräisch spreche und jüdische Freunde habe. Und schließlich leben wir hier zusammen und vermischen unsere Kulturen. Und ich würde zu Pessach zu meinen Freunden gehen. Ich liebe die Reinigungsarbeiten an Pessach. Ich erinnere mich noch daran, als ich in einem Restaurant gearbeitet habe, wo ich auch geputzt habe.
Ich erinnere mich, dass wir in einem Restaurant einen Rabbiner hatten. Es war ein koscheres Restaurant, in dem ich gearbeitet habe. Und der Rabbi kam immer am Abend vor Pessach. Und er sagte: “Okay, wenn Ibrahim mit den Tischen fertig ist, sag mir bitte Bescheid. Das wird sein letzter Tisch sein, denn ich brauche ihn bei mir, weil ich will mit ihm zusammen an der Reinigung für Pessach arbeiten, weil er wusste, dass ich das mit Leidenschaft mache.

Amira
Kannst du das erklären? Was soll das bedeuten?

Ibrahim
Okay, ich erkläre es. Es ist so an Pessach, sie putzen Häuser oder als ich in einem Restaurant von allem, was Hefe enthält. Man musste also die Hefe aus dem Haus entfernen. Also haben wir das für das Restaurant getan. Wie meinst du das?

Amira
Okay.

Ibrahim
Und sie haben sogar die Teller in kochendes Wasser gestellt, und ich habe Fragen zu allem gestellt. Es war ein kultureller Austausch für mich, ich lernte es als kulturelle Seite dieser Religion. Auch wenn es ein religiöser Feiertag ist, steckt auch eine Kultur dahinter.

Amira
Wurde das erwidert?

Ibrahim
Das ist eine sehr interessante Frage. Nein, das war es nicht. Ich glaube nicht, dass es auf die gleiche Weise war. Und das ist ein Teil des Problems, denn ich habe ihre Erfahrung und sie nicht meine, und das liegt daran, dass ich ihre Sprache spreche und sie nicht die meine. Das ist buchstäblich ein Teil des Problems. Ich meine, es sind zwei Dinge, denke ich. Das eine ist die Frage der Sprache, denn es ist für unsere Zuhörer wichtig zu wissen, da du Ostjerusalem erwähnt hast und dass es in Ostjerusalem nicht üblich ist, Hebräisch zu lernen. In arabischen Schulen in Israel ist Hebräisch Pflicht. Und wir haben in Israel getrennte Bildungssysteme für arabische Schulen und jüdische Schulen. Und selbst in den jüdischen Schulen gibt es eine eigene Trennung, auf die wir hier nicht näher eingehen werden. Aber in arabischen Schulen ist Hebräisch Pflichtfach. In jüdischen Schulen ist Arabisch nicht obligatorisch. Arabisch ist ein paar Jahre lang Pflichtfach, und dann kann man es für die Bagrut3 nehmen. Also spricht nicht jeder die Sprache. Und wenn man sie lernt, lernt man sie eigentlich gar nicht. Was den kulturellen Aspekt angeht, so bildet man künftige Soldaten aus, man bildet künftige Mitglieder von Geheimdiensteinheiten aus, nicht Leute, die kommen und diese Kultur mit anderen vermischen.

Wir haben Freunde, die jüdisch sind und fließend Arabisch sprechen. Einige unserer engsten Freunde, aber die meisten von denen haben mittelöstliche und nördliche, afrikanische Wurzeln. Ich habe sogar ein paar Freunde, die europäische Wurzeln haben. Und mein Freund hat sogar angefangen, seinen beiden jüngsten Töchtern Arabisch beizubringen. Sie sahen zu, wie ich, weil ich ihm oft erzählte, dass ich den Kinderkanal auf Hebräisch sehe. Also hat er das Gleiche für seine Töchter auf Arabisch gemacht, obwohl sie aus einer religiösen Gemeinschaft kommen, was man in einem stereotypen Rahmen nicht erwarten würde, dass das passiert. Aber für ihn war es so: Ich möchte meine Töchter unterrichten, und dieses Land sorgt nicht dafür, dass meine Töchter die Sprache beherrschen. Ich werde es selbst tun. Und ich fragte ihn: “Sie Du hast diese Leute gewählt? Sie haben die Macht, die Sprache zu verbessern, Arabisch zur Pflicht zu machen.” Und er sagte: “Ich will es. Sie wollen es nicht. “
Das ist ein Teil des Problems. Und der zweite Punkt ist für mich die Anerkennung. Es ist ein Problem der Anerkennung. Man kann nicht erwarten, dass eine Bevölkerung, die in der ganzen Komplexität der arabischen 48er mit der ganzen Komplexität Israels als jüdischem Staat lebt. Wir sind nicht jüdisch. Wir ringen darum, wie wir die demokratischen Werte stärken können, um unser eigenes Leben innerhalb dieser Realität zu verbessern. Aber es gibt eine Erwartung, die Staaten zu akzeptieren, es gibt eine Erwartung, dass wir arabische Israelis sind. Das Wort Palästinenser gibt es absichtlich nicht. Es eliminiert einen Teil unserer Identität. Wie kann der Staat also von uns als Gemeinschaft erwarten, dass wir den Staat mit all seiner komplexen Identität akzeptieren, der ein jüdisches Element hat, mit dem wir nicht übereinstimmen? Wir sind nicht jüdisch und er akzeptiert es nicht.

Amira
Uns, er erkennt uns nicht an.

Ibrahim
Er muss uns als ein Volk anerkennen. An dem Tag, an dem das geschieht, werden sich mehr Araber in Israel, mehr Palästinenser in Israel dem Staat in diesem Sinne näher fühlen, weil ihre Identität anerkannt wurde. Das ist eines der ersten Dinge, die getan werden müssen, um diese Realität zu verändern.

Amira
Und es wird zu einem friedlicheren Miteinander führen.

Ibrahim
Das ist das Schöne an der Sprache, und das ist etwas, was wir so bald wie möglich tun müssen. Und das wird hoffentlich bald geschehen. Hoffentlich werden sich diese Dinge ändern.

Amira
Ich glaube, wir nähern uns der Realität, wir nähern uns unserem jetzigen Zustand, in dem wir beide gerade arbeiten, du mit dem Hintergrund, den du hast, und der Erfahrung und der Realität, die du hast, und ich, das Gleiche, aber in einigen Aspekten zu zweit, die parallele Seite. Aber am Ende arbeiten wir beide in der fördernden gemeinsamen Sache, über die wir uns einig sind: Shared Society.

Ibrahim
Auf jeden Fall.

Amira
Warum hast du dich unter all den Möglichkeiten, die du hättest wählen können, für diesen Bereich entschieden?

Ibrahim
Ich meine, zuerst war da die ägyptische Erfahrung. Wie ich schon sagte, wenn man eine Million Menschen auf einem Platz sieht, die eine Veränderung fordern, und wenn man sieht, welchen Einfluss das hat, dann war das definitiv ein Motiv für mich und gab mir eine Aufgabe. Ich ging aufs College und dachte, ich könnte vielleicht Psychologie oder etwas in der Art studieren, aber dann sah ich, dass ich Ägypten zu verlassen hatte. Ich habe mir gesagt: Okay, ich muss etwas tun, das für mich Sinn macht, und ich wollte in die Politik gehen. Ich hatte das Gefühl, dass ich die Möglichkeit habe, Einfluss zu nehmen und etwas zu verändern, und deshalb habe ich studiert. Als ich mein Studium fortsetzte, war ich mir nicht einmal sicher, in welcher Weise ich einen Beitrag zu meiner Gesellschaft leisten würde, denn ich hatte meinen Master an der Universität Haifa in Israel in nationalen Sicherheitsstudien gemacht. Mein Gedanke war, vielleicht politischer Analyst zu werden und eine Analyse in die israelischen Medien zu bringen, die einen arabischen und palästinensischen Blick einbringt, den es dort nicht gibt, denn sie haben so genannte Experten für die arabische Welt, die aber keine Araber sind. Sie können es nicht mit unseren Augen sehen und sie können nicht die gleiche Botschaft vermitteln. Und ich wollte die Person sein, die das tut. Aber die Welt hat mich irgendwie an den Ort gebracht, an dem ich heute bin. Und jetzt arbeite ich in der Friedensarbeit aufgrund meiner Erfahrungen, aufgrund des gemeinsamen Lebens, das ich mein ganzes Leben lang mit jüdischen Menschen hatte. Für mich war es eine Selbstverständlichkeit, dass wir zusammenleben können, weil ich es geschafft habe. Warum also nicht? Warum können wir das nicht? Natürlich ist es viel komplizierter als das. Aber ich glaube an die unmittelbare Botschaft: Wir können zusammenleben. Ich habe es gesehen, ich habe es getan. Andere können es auch tun. In dieser Hinsicht bin ich nicht außergewöhnlich. Und ich habe so viele andere gesehen, die das Gleiche tun, und ich glaube, dass wir das ausweiten können. Warum hats du dich für den Frieden eingesetzt?

Amira
Es ist nicht so, dass ich mir das Feld des Friedens ausgesucht hätte, das Friedensfeld hat mich gewählt. Ich war auf einem ganz anderen Weg. Als älteste Tochter in einem traditionellen muslimischen palästinensischen Haushalt war ich auf das Gesundheitswesen ausgerichtet.

Ibrahim
Ich kann mir vorstellen, dass ich im medizinischen Bereich arbeiten werde.

Amira
Ich sollte entweder Ärztin oder Anwältin oder Ingenieurin oder Ingenieurin werden.

Ibrahim
Dinge mit Titeln. Das ist es, was Araber mögen.

Amira
Genau. Dieses politische PC-Zeug ist wie, oh, du wirst Lehrer werden, wenn du groß bist. Da gibt es keine Zukunft für. Das war also keine Option für mich. Also habe ich in meinen ersten Jahren an der Universität nachgegeben. Ich gab dem nach, was ich eigentlich wollte, nämlich medizinische Bildgebung. Ich war also voll im Gesundheitswesen. Ich war gut dabei. Aber, ich war unglücklich. Ich war überhaupt nicht glücklich. Ich hatte nicht das Gefühl, dass es meine Sehnsucht befriedigte, denn ich wollte den Menschen helfen, aber ich hatte nicht das Gefühl, dass meine Seele den Menschen wirklich helfen wollte. Ich fühlte mich in keiner Weise damit verbunden. Akademisch gesehen, würde ich das tun.

Ibrahim
Du bist nicht dazu bestimmt, in einem Raum im Krankenhaus zu sitzen und Röntgenaufnahmen zu machen. Ein sehr wichtiger Job.

Amira
Ich sehe dich als politischen Führer, Mama Baba. Verstehst du? So wurde ich angesprochen, als ich dort war. Ich war in einem Alumni-Club von Access. Kennen Sie das Amity-Access-Stipendium? Ich nahm also an ihren monatlichen oder zweimonatlichen Treffen oder Aktivitäten teil und traf dort eine Menge Leute. Und einer von ihnen stellte mir ein Programm vor, ein Journalismusprogramm. Aber da war ich noch nicht dabei. Ich habe nicht über Frieden nachgedacht. Ich dachte nicht an eine gemeinsame Gesellschaft. Ich dachte nicht an die israelische Seite, an die andere Seite, abgesehen von dem Checkpoint, den ich täglich passierte, und der Polizei, die immer in unserem Haus war. Rund um unser Haus in Sheikh Jarrah, so habe ich es gesehen. Und dann sagte er mir “Nimm. Du solltest diesen Kurs in Journalismus belegen. Und ich sagte: “Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie einen Artikel gelesen oder geschrieben. Wovon redet ihr? Wie soll ich denn in den Journalismus gehen? Und dann sagte er: “Man kann nie wissen. Probiere es einfach aus. Vielleicht wirst du für sie arbeiten. Eines Tages. Ich belegte den Kurs. Er hat meine Liebe für Englisch ins Unermessliche gesteigert. Aber er hat es mir auch gezeigt. Er gab mir eine Plattform. Es zeigte mir, dass ich mich in der palästinensischen Gesellschaft wegen meiner Ansichten, weil ich eine Frau bin, extrem ungesehen und ungehört fühlte. Ich fühlte mich einfach ungehört und ungesehen. Diese Plattform war für mich zweideutig. Ich verstand nicht, dass es sich um das Stück oder das Wort Normalisierung handelte, das ich wirklich nicht mag, oder ich mag nicht, wie es verwendet wird, Normalisierung. Ich wusste nichts über diese Welt. Und dann lernte ich Leute kennen, die mich nach meiner Meinung fragten, Leute, die das taten. Die das, was ich sage, zu schätzen wussten. Und da wurde mir klar, dass sich auch meine Gesellschaft ändern muss, dass ich in meiner Gesellschaft als Ganzes nicht akzeptiert wurde und dass ich als Minderheit innerhalb einer Minderheit angesehen wurde, und so kam ich dazu, ich bekam einen Job angeboten, auf die gleiche Art und Weise, wie ich meinen Freund zitiere, ein Jahr später bekam ich einen Job in der gleichen Einrichtung, in der ich den Kurs gemacht hatte, und so kam ich in den Bereich der Friedensarbeit. Und ich erinnere mich an mein erstes Treffen, bei dem diese Friedensorganisation über Palästina und Palästinenser sprach und ich die einzige Palästinenserin im Raum war. Und ich dachte: Das ist so falsch.

Ibrahim
Das zeigt schon das Problem der friedensfördernden Gemeinschaft, die es hier gibt, und das ist ehrlich gesagt auch der Grund, warum wir das alleine machen und nicht mit jemand anderem und nicht mit. Wir kennen so viele Friedensorganisationen und wir arbeiten für eine und. Aber wir wollten unsere eigene Stimme einbringen, weil wir sehen, dass wir auch in der Friedensbewegung die Minderheit sind. Man arbeitet mit dem israelischen Gegenpart zusammen, der in gewisser Weise das Sagen hat. Und ich glaube, das hat uns genervt, mich und dich auch, okay? Wir machen unser eigenes Ding, wir geben unsere eigene Stimme da draußen ab. Keine Philtres, nicht was Leute. Keiner kann uns sagen, was wir tun sollen, keine bestimmte Agenda, nur das, was wir für richtig halten.

Amira
Ja. Also ging ich in das palästinensische, ich ging in das friedensstiftende Feld mit meiner Frauenkarte vorne dran, so wie ihr mir zuhört, ich habe eine Stimme. Ich denke, die Dinge müssen sich ändern, und ihr werdet unterdrückt und unterdrückt auch andere. Ich hatte also eine Botschaft. Ich hatte das Gefühl, dass ich eine Botschaft an die Palästinenser und eine Botschaft an die Israelis hatte, und ich war extrem wütend. Ich war wütend. Ich fragte mich: Wie könnt ihr beide so viel Mist bauen und es nicht sehen? Also sagte ich mir: Ich fange bei mir selbst an, ich übernehme die Verantwortung, ich recherchiere selbst und informiere mich über beides. Und ich werde mich irren und dann korrigiert werden, und ich werde mich wieder irren und mich korrigieren lassen. Und nach einer Weile hatte ich das Gefühl, dass ich in der Friedensbewegung mitarbeiten wollte. Gleichzeitig war ich immer noch im Gesundheitswesen tätig. Ich beschloss, das Gesundheitswesen ganz aufzugeben und mich zu 100 % der Friedensarbeit zu widmen. Und ich lerne immer noch Tag für Tag, was falsch gemacht wurde und welche Terminologie im Namen des Friedens verwendet wird, die uns an diesen Punkt gebracht hat. Und ich denke, und ich tue das ganz unverblümt. Ich tue es unapologetisch als Israeli und unapologetisch als Palästinenser. Und der Antrieb ist, dass ich von beiden Seiten unterdrückt werde.

Ibrahim
Ja, ich verstehe vollkommen, woher das kommt. Ich denke, für mich war die einzige Erkenntnis, die ich hatte, die Tatsache, dass ich so aufgewachsen bin und sehr früh mit der israelischen Kultur in Berührung gekommen bin und meine eigene und all diese Dinge verstanden habe, dass ich zwei Augen für die Welt hatte. Ich hatte ein Auge, mit dem ich die Welt aus palästinensischer Sicht betrachten konnte, und eines, mit dem ich die Welt aus israelischer Sicht betrachten konnte. Und dann habe ich die Fähigkeit, wirklich beide Seiten zu erfassen und zu verstehen, aufgrund der einzigartigen Position meiner Gemeinschaft. Und dann habe ich mich gefragt: Wie können wir das nicht nutzen, um eine Brücke zu sein? Ein Freund hat mir gesagt, ich solle das Wort Brücke nicht benutzen, denn die Brücke, die man überquert, lässt man zurück. Wir sollten nicht die Brücke sein, aber wir sind der Schlüssel zum Konflikt, denn wir sind die einzigen, die sowohl Palästinenser als auch Israelis sind. Wir sind die Einzigen, die die Fähigkeit dazu haben. Wir sind noch nicht so weit, aber wir haben die Fähigkeit, beide Seiten zu verstehen, beide Erzählungen zu verstehen, beide zusammenzubringen, weil man beide sehen kann.

Amira
Ich würde noch hinzufügen, dass wir nicht nur die Fähigkeit dazu haben, sondern auch den Willen dazu. Wir haben den Willen, es zu sein. Nicht die Brücke, aber die Verbindung.

Ibrahim
Ich sehe also, ich benutze das Wort.

Amira
Schlüssel, ich denke das Wort Schlüssel zum…

Ibrahim
Freischalten des Konflikts.

Amira
So wie ich es formuliere, habe ich das Gefühl, dass es uns eine spezifischere Rolle gibt. Ja, weil wir das Bindeglied sind. Aber beide Gesellschaften müssen sich ändern. Das ist der Schlüssel. Wir sind das Bindeglied. Sie müssen begreifen, dass die politische Lösung etwas ist, und dass die Veränderung innerhalb der Gesellschaft das ist, was den Frieden bringen wird, um ihn zu erreichen. Die politische Lösung ist so, wie wir sie schon einmal gesehen haben. Die politische Lösung ist nur eine Vereinbarung auf dem Papier zwischen Politikern. Die tatsächliche Veränderung findet in den Menschen statt, wenn sie die Bereitschaft haben, den anderen nicht als den anderen zu sehen.

Ibrahim
Ich verwende das Wort “Fähigkeit”, weil ich es so sehe, dass wir als Gemeinschaft, nicht als Ibrahim und Amira, als arabische Gemeinschaft, das Bindeglied sind, weil wir beide Realitäten haben und auch Bürger sind. Deshalb sage ich, wir haben die Fähigkeit, aber wir sind noch nicht so weit. Wir haben die Fähigkeit, die Welt mit beiden Augen zu sehen, aber sind wir das wirklich als Gemeinschaft? Ich glaube, wir sind noch nicht so weit. Ich habe das Gefühl, dass ich an dem Punkt angelangt bin, an dem ich das tun kann, und ich möchte andere dazu ermutigen, das Gleiche zu tun.

Ich kann beide Seiten des Konflikts sehen. Wie kann es sein, dass die Jungs das nicht sehen? Und das hat mich dazu gebracht, zu sagen: Okay, wenn sie es nicht sehen, muss ich es den Leuten zeigen, denn es wird nicht von alleine passieren. Und Menschen ändern sich nicht von selbst. Deshalb habe ich es auch zu meiner persönlichen Mission gemacht, die Ansichten zu ändern, Stereotypen zu durchbrechen. Manche Leute meinen, die Menschen müssten sich von selbst ändern. Dem kann ich nicht zustimmen. Jemand, der rassistisch ist, wird nicht eines Tages aufwachen und sagen, na ja, weißt du was? Ich hatte gerade eine Erweckung und heute höre ich auf, Araber zu hassen, und ich werde alle Menschen gleich lieben. Das ist in den USA nicht passiert, kein weißer Rassist ist eines Tages mitten in der Nacht aufgewacht und hat gesagt: “Wisst ihr, was mir gerade klar geworden ist? Ich hasse Schwarze nicht mehr dafür, dass sie schwarz sind.” So funktioniert das nicht. Es musste sich etwas ändern, und die Menschen mussten diese Stereotypen durchbrechen. Und für mich ist das eine Rolle, die wir alle selbst übernehmen müssen. Es klingt hart, weil es hart ist, aber sie werden nicht von alleine aufwachen. Die Mehrheit kann sich nicht ändern, weil sie sich dort wohlfühlt, wo sie ist. Wenn man die Mehrheit ist, wenn man Israeli ist und sein ganzes Leben israelisch und jüdisch in diesem Sinne ist, warum sollte man sich dann die Mühe machen? Warum sollte man sich aus dem Nichts, aus dem Nichts heraus bemühen? Wir müssen diese Anstrengung unternehmen. Wir müssen diese Ansichten ändern. Und das ist möglich.
Am ersten Tag mit einer Kellnerin in dem Restaurant, in dem ich gearbeitet habe, habe ich all den Neuen geholfen, sich mit allen vertraut zu machen und all diese Dinge. Sie sagte mir, hör zu, sei nicht beleidigt. Sie hat mich vorgewarnt, ich solle nicht beleidigt sein, aber ich mag keine Araber. Danke für die Vorwarnung. Und ich hatte zwei Möglichkeiten, damit umzugehen. Entweder ich spreche nicht mit ihr, weil sie mich beleidigt hat. Und meine Identität beleidigt. Und die andere Möglichkeit ist, ich werde ihre Meinung ändern. Und ich habe es nicht getan, indem ich sie belehrt habe. Ich habe nicht einmal erklärt, was Araber sind. Ich habe einfach ganz normal gehandelt, als hätte ich diesen Satz nie gehört. Und ich habe mich ihr gegenüber so verhalten, wie ich mich jeder einzelnen Person gegenüber verhalte, zu der ich zwei Jahre später zur Hochzeit eingeladen werde. Man kann also Menschen beeinflussen, die wir ändern können.
Wir können Stereotypen durchbrechen und Menschen haben die Fähigkeit, sich zu ändern.

Amira
Ich möchte dich fragen, ob du dich jemals schuldig gefühlt hast für das, was du tust? Hattest du jemals das Gefühl, dass du aufgrund deiner Höhen und Tiefen, deiner palästinensischen Identität und deiner israelischen Identität, Schuldgefühle hast, weil du den einen über den anderen stellst, besonders in seinem Arbeitsbereich?

Ibrahim
Ich denke, als ich zu dem Schluss kam, dass ich diese Vergleiche zwischen den verschiedenen Identitäten nicht mehr anstellen muss. Als ich aufgehört habe, darauf zu achten, was vor was kommt und was höher ist als was, habe ich aufgehört, mich schuldig zu fühlen. Als ich jünger war, habe ich mich vielleicht schuldig gefühlt, weil ich hier geboren bin und nicht im Westjordanland oder in Gaza oder als Flüchtling.

Amira
Etwas, das du nicht kontrollieren kannst.

Ibrahim
Aber ich kann es nicht kontrollieren. Und zumindest habe ich erkannt, dass ich meine Position nutzen kann, um zu helfen. Zum Beispiel, ich bin an einem Ort, an dem ich, ein Bürger in diesem Land bin. Ich habe also die Möglichkeit, etwas zu tun, etwas zum Guten für alle meine Leute in Israel, im Westjordanland und im Gazastreifen zu verändern. Das war ein Pflichtgefühl, das die Schuldgefühle beseitigte. Ich würde fragen: Fühlst du dich schuldig?

Amira
Irgendwann. Das habe ich, weil es jetzt einfacher ist, weil ich nicht mehr so oft im Westjordanland bin und auch, weil ich mein Israeli-Sein erkenne und weiß, wie ich mich in bestimmten Situationen gegenüber einem Polizeibeamten verhalten muss, nämlich so: Yo, ich bin Israeli und du behandelst mich als solchen und du lernst deine Rechte kennen. Aber davor, bevor ich mein Israeli-Sein erkannt habe, habe ich es als reines Privileg gesehen. Ich dachte: Ich bin zufällig privilegiert, weil ich mit der israelischen Staatsbürgerschaft geboren wurde, aber ich bin Palästinenserin. Und ich würde nicht sagen, dass ich Israeli bin, ich würde sagen, dass ich die israelische Staatsbürgerschaft habe. Und das ist nur auf dem Papier. Es bedeutet nichts. Und dann hatte ich eine Diskussion mit meiner Mutter und fragte mich: Ist das, was ich tue, falsch? Ob das, was ich tue, falsch ist? Sollte ich mich schuldig fühlen? Und sie sagte: “Was machst du da? Und ich analysierte für sie, dass ich eins, zwei, drei auf technische Art und Weise mache. Und dann hat sie mich wieder gefragt, was machst du denn? Wie helfen Sie den Menschen? Wie schadest du ihnen? Und ich antwortete: Ich schade ihnen nicht. Ich helfe ihnen in erster Linie, die andere Seite zu sehen. Und jede einzelne Gelegenheit, die sich mir bietet, gebe ich weiter. Und ich zeige den Menschen, dass wir auf dieser Reise hierher kommen können. Und sie sagte: “Das ist deine Antwort. “
Unsere Eltern gehen natürlich durch das politische Umfeld, das hier wie ein Würfel ist, der alle fünf Minuten eine neue Zahl zeigt. Es gibt eine neue Zahl, ein neues Ergebnis, die Meinungen ändern sich.

Ich habe mich schuldig gefühlt. Aber dann habe ich weiter gesehen, was ich eigentlich gemacht habe. Und jetzt, und darüber haben wir schon gesprochen, habe ich keine Angst, mein Privileg zu nutzen. Ich fühle mich nicht schuldig wegen meines Privilegs, weil ich mir nicht erlaube, ein Auge zuzudrücken.
Schauen wir, ob wir etwas falsch machen. Diese Schuldgefühle sind sehr gesund. Ich fühle mich schuldig. Und man erkennt zu 100 % an, dass man privilegierter ist als andere, aber man nutzt dieses Privileg, das wir jetzt haben, als Plattform. Wenn wir woanders wären, könnten wir nicht sprechen.

Ibrahim
Nicht in der Art und Weise, in der wir hier sprechen.

Amira
Nein. Also nutzen wir dieses Privileg, um unsere Stimme zu erheben, um uns an einen anderen zu wenden, um uns an eine Lösung zu wenden, um beide Leiden zu beleuchten und uns an etwas heranzuführen, das die Menschenwürde für beide zum Ziel hat.

Ibrahim
Und deshalb ist dieses Privileg für mich eine Pflicht. Es verwandelte sich in eine Pflicht.

Amira
Das ist es.

Und da habt ihr es, Leute. So kreuzen sich die Wege zweier völlig unterschiedlicher Geschichten, zweier Menschen aus unterschiedlichen Lebenswelten, aufgrund ihrer gemeinsamen Vision von einer gemeinsamen Gesellschaft, von Frieden und Menschenwürde für alle. Und ich danke euch allen, dass ihr zugehört und mitgemacht habt. Es war, zumindest für mich, eine faszinierende Diskussion, in der ich viele Dinge über Ibrahim erfahren habe, die ich noch gar nicht kannte. Wir sind euch sehr dankbar, Leute. Bitte macht weiter.

Ibrahim
Nochmals vielen Dank an alle für eure Unterstützung.

  1. Das klassische Arabisch Fusha ist die älteste Form des Arabischen und basiert auf den mittelalterlichen Dialekten der arabischen Völker, die vor ca. 1500 Jahren in Mekka gesprochen wurden. Es ist das Arabisch des Korans, sowie klassischer vorislamischer Gedichte und gilt daher als besonders edel und beredet. ↩︎
  2. Gebetsruf ↩︎
  3. entspricht dem Abitur ↩︎