Orientalische Weisheiten für Politiker vor der Wahl
Eines Tages setzte sich Nasreddin Hoca verkehrt herum auf seinen Esel, mit dem Gesicht nach hinten. Die Menschen, die ihm begegneten, fragten ihn verwundert:
„Hoca, warum reitest du falsch herum auf deinem Esel?”
Der Hoca antwortete ihnen: „Das ist ganz leicht zu erklären. Ich möchte nicht in dieselbe Richtung schauen wie die Esel!”
Nasreddin Hoca war mit seinem Sohn auf dem Weg in ein Dorf.
Sein Sohn durfte auf seinem Esel reiten und er Hoca lief hinter ihm her. So kamen sie an Bauern vorbei, die auf ihrem Feld arbeiteten. „Seht euch das an, Nennt man das Erziehung?“ sagten sie so laut, dass Vater und Sohn es hören mussten. „Zeigst du so Respekt für deinen Vater?“ fragte ein Bauer den Sohn entrüstet. „Du sitzt seelenruhig auf dem Esel, während dein Vater hinter dem Esel herlaufen muss. Und das in dieser Hitze!“ Der Sohn erschrak durch diese Bemerkung sehr und schämte sich, sprang von dem Esel hinunter und forderte seinen Vater auf, sich auf den Esel zu setzen.
Etwas später begegnete ihnen eine Gruppe von Männern, die auf dem Weg zum Markt waren. „Was für eine Schande“, rief einer von ihnen. „Was für ein schlechter Vater! Lässt sein Kind hinter sich herlaufen und sitzt selbst königlich auf dem Esel. Wie auf einem Divan. Pfui Teufel!“
Das nahm sich Nasreddin Hoca zu Herzen. „Komm her, mein Sohn“, sagte er, „und steige vor mir auf den Esel. Es ist Platz genug für uns beide.“
Ein Stück weiter kamen sie an einen Brunnen. Einige Frauen Wasser schöpften dort Wasser. Sie redeten nicht laut, aber so, dass der Hoca und sein Sohn sie gut genug verstehen konnten: „Tapfere Reiter sind das, die nicht merken, dass sie dem armen Tier durch ihr Gewicht fast das Rückgrat brechen.“
Der Sohn schaute geradeaus und tat so, als höre er nichts. Als sie schon lange an dem Brunnen vorbei waren, drehte er sich verzweifelt zu seinem Vater um. Dieser nickte und beide stiegen von ihrem Esel ab und liefen nun vor ihm her. Der Esel freute sich, winkte mit seinem Schwanz und machte laut „Ia-Ahh!“
Kurze Zeit später erreichten sie das Dorf und liefen an einem Café vorbei. Dort saßen einige Männer und spielten Karten. Als sie die beiden mit ihrem Esel sahen, begannen lauthals zu lachen: „Was sind denn das für Dummköpfe? Da haben sie einen starken Esel und anstatt das Tier als Reittier zu nutzen, trotten sie hinterher. Wer ist dort der Chef? Der Esel?“
Der Hoca und sein Sohn liefen einfach weiter. Als niemand sie mehr hören konnte, sagte Nasreddin zu seinem Sohn:
„Jetzt siehst du, wie die Welt funktioniert, mein Sohn. Was du auch tust, du kannst es nie allen Recht machen. Darum ist es einfach das Beste, wenn du selbst entscheidest, was du tust und was du als richtig empfindest!“