Der neue Markenbotschafter des Bündnis Sahra Wagenknecht heißt Jan Josef Liefers.
Was tut ein alter Mann, wie ich, wenn er morgens aufwacht, gefrühstückt hat und über das Leben nachdenkt?
Er sieht durch das Fenster des Internets auf die politische Welt, auf “Krieg und Kriegsgeschrei” und bemerkt, die aufeinander schlagenden Völker, die früher – in Goethes Zeiten – weit hinten in der Türkei waren, sind nun vor der Haustür. Er liest von der Angst vieler Menschen vor dem Alter und dem Alleinsein, vor Pandemie und Weltkrieg, vor Einschränkungen beim Menschenrecht auf Urlaub und der freien Rede und von einer Regierung, die nichts gegen all das tut.
So stieß ich auch heute auf das neue Werbeformat von Sahra Wagenknecht “Sahra trifft”, zu sehen auf YouTube. Der ehemalige ZEITredakteuer Marc Kayser1 gibt den Moderator und spricht mit Sahra und Jan Josef über “Angst und Meinungsfreiheit in unserem Land“.
Jan Josef Liefers habe ich zum ersten Mal im Leben auf dem Alexanderplatz am 4. November 1989 gesehen, gehört und ihm begeistert Beifall gespendet. Die Mauer war noch nicht weg und es gehörte Mut zu fordern, die vorhandenen politischen Strukturen zu zerstören2: Ein junger, entschlossener Mann stellte sich auf dem Rednerpodest mit den Worten vor: “Mein Name ist Liefers, ich bin Schauspieler.” und endete mit: “Neue Strukturen müssen wir entwickeln für einen demokratischen Sozialismus. Und das heißt für mich unter anderem Aufteilung der Macht zwischen der Mehrheit und den Minderheiten. Dankeschön.“
Die Mauer fiel, ein demokratischer Sozialismus kam nicht, sondern wir bekamen einen demokratischen Rechtsstaat3, mit einer Verfassung, die die Würde des Menschen als unantastbar festschreibt, die Meinungsfreiheit garantiert, ebenso die Gleichheit der Bürger vor dem Gesetz, die Niederlassungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit sowie die Habeas-Corpus-Grundrechte.
Von diesen Rechten wird sicherlich auch der Schauspieler und Musiker Jan Josef in den folgenden Jahren Gebrauch gemacht haben, besonders davon, seinen Beruf als Schauspieler auszuüben und frei zu reden, sei es auf der Bühne, im Film oder als Werbeträger für Süßigkeiten, für die Freiheit des Kaufens, auch als Markenbotschafter der SKL-Lotterie, die ihn besonders geeignet fand, weil “Jan Josef Liefers ist für uns der ideale Markenbotschafter. Er steht für Werte wie Glaubwürdigkeit und Aufrichtigkeit, gepaart mit einer Portion lebensbejahenden Humors.”, wie die Werbeverantwortliche Bettina Rothärmel, Vorstand Marketing und Vertrieb bei der GKL sagte und fortfuhr: Das Kampagnen-Motto „Grenzen-Los frei“ weiß Liefers sympathisch überzeugend und durchaus mit Humor zu verkörpern. Die dazugehörigen Keywords lauten „Sorg-Los“, „Grenzen-Los“, „Maß-Los“ oder auch „Leinen-Los“. Dann genießt Jan Josef Liefers die gewonnene Freiheit auch mal auf einem Segelboot.” 4
Wenn die Gemeinsame Klassenlotterie der Länder (GKL) Jan Josef als geeigneten Markenbotschafter sieht, warum ihn nicht auch für die Parteienwerbung nutzen, wird sich Sarha Wagenknecht gesagt haben. Man kennt ihn, er hat auf Insta 214 K Follower, bei Facebook sind es 352 K, bei X 245 K. Und – das ist das Wichtigste – er hat Ausgrenzung erfahren, erlebt, dass “man in diesem Land nichts mehr sagen darf“. Es war nach der Aktion “Alles dichtmachen”, die zwar ironisch sein wollte, dann aber doch auch heftige Gegenreaktionen auslöste. Es kann passieren: wenn man was sagt, sagen andere auch was.
Nun also ist Jan Josef Liefers Werbepartner der Partei BSW. Das mit dem Werbepartner ist meine Meinung, die hoffentlich noch von der garantierten Meinungsfreiheit gedeckt ist.
Nun soll es also in dem moderierten Gespräch um Angst und Meinungsfreiheit gehen:
Marc Kayser beginnt mit dem Ergebnis einer Umfrage, nach der 53 % aller Deutschen Angst haben. Und nimmt an, Jan Josef gehöre zu diesen Deutschen und fragt. “Was machst du mit deinen aktuellen Ängsten?“
Er versuche keine zu haben, ist die Antwort, weil Angst etwas sei, was uns einsperre. Und dann: “Angst macht uns lenkbar, macht uns klein, unkreativ.“
Marc Kayser an Sahra Wagenknecht gerichtet fragt: “Sahra, fällt dir das auf, dass die Deutschen anders miteinander reden? Hast du das Gefühl, es gibt mehr Maulkörbe, als frei seine Meinung zu sagen?“
Und Sahra Wagenknecht hat kein Gefühl, sie weiß es: “Also das ist ja ganz objektiv so. … sobald man etwas sagt, was nicht der Regierungsmeinung entspricht, dann wird man sofort sehr schnell in eine Ecke gestellt.” Sie halte das aus, aber eine Lehrerin oder befristeter Assistent in einer Uni oder auch ein freier Journalist, Schauspieler, der immer wieder Rollen brauche, müsse sich schon überlegen, “sage ich noch Dinge, mit denen ich anecke und bin am Ende vielleicht den Job los“. Diesen Konformitätsdruck gäbe es besonders seit der Corona-Zeit.
Es gäbe aber auch viele andere Themen, bei denen es so sei, bei den Fragen nach Krieg und Frieden, Klimaschutz, ganz schnell würde man zum Klima- oder Coronaleugner. Das seien alles so Chiffren, dumme Kategorien, eigentlich nur dazu da, Stempel zu verteilen, Angst vor Ausgrenzung zu erzeugen.
Aha, denke ich, Angst macht uns lenkbar, und klein, und darum nutzt der Staat gezielt die Angstmache. Clever vom Staat und von Sahra, die das natürlich sofort durchschaut hat.
Jan Josef warnt danach vor geschlossenen Gesellschaften (meint aber eigentlich Blasen gleicher Meinung, nicht so sehr die gesamte Gesellschaft): “… das ist das Gegenteil der offenen Gesellschaft ,… wenn sich die Kreise schließen. Und dort kommst du gar nicht rein, wenn du in irgendeiner Form nicht mit all dem übereinstimmst, was da für richtig befunden wird.“
Das ist für Marc Kayser bisschen zu schwach, er will es weiter gefasst sehen: “Das ist einfach eine Form des Autoritarismus, oder?“
Doch Jan Josef Liefers geht nicht wirklich darauf ein und meint: “Du kannst auch hier alles sagen, was du willst. … Kommt hier jemand und legt dich in Ketten? Nein. Aber es gibt ja andere Formen der, ich nenne es mal Strafe. Das tut man ja nicht straflos. Das tut man eben nicht mehr straflos.”
Und nun kommen die Strafen und ich denke: wenn du sagen kannst, was du willst, kann auch ein anderer sagen, was er will. Wenn du in die Nähe meiner Blase kommst, hörst du Meinungen, die in deiner vielleicht nicht mit Freundlichkeit aufgenommen werden. Das ist bei Meinungsfreiheit unausweichlich.
Jan Josef Liefers sagt nun weiter – und kommt damit doch von der kleinen geselligen Sozialumgebung zur großen: “Ich habe erstens etwas gelernt, das mich tatsächlich an die DDR erinnert hat. … Kunst, künstlerische Aktionen, waren in einer Diktatur, wie die DDR ja war, hatten immer eine große Wirkung. Waren immer sehr wirkungsvoll, wurden sehr ernst genommen und es wurde auch entsprechend darauf reagiert. Im Westen hatte ich den Eindruck, dass man alles sagen kann, jederzeit, gar kein Problem. Aber auch so ein bisschen diese Freiheit der Wirkungslosigkeit spürte. Klar kannst du alles sagen und alle sagen, okay.” Und dann berichtet er von seinem Aha-Erlebnis nach der Aktion “Alles dichtmachen”. Plötzlich war er wirksam in dem Sinne, dass “es wurde extrem hart und kontra darauf reagiert, speziell von den großen Medien, auch vielleicht von einigen Leuten, die dann halt empört waren drüber.“
So mochte er wohl die “Laissez-faire“-Haltung einer meinungspluralistischen Gesellschaft aber auch wieder nicht. Ich bin leicht verwirrt: Was nun, Wirkung oder keine Wirkung, wenn man was tut?
Jetzt kommt unser Moderator Marc Kayser zur Sache, nämlich zu Sahra, Alice und dem Friedensmanifest, “Da bekamst du ja auch einen unglaublichen Gegenwind, auch medial.“, aber man müsse ja auch Störenfried sein. Sahra Wagenknecht meinte kämpferisch: sie sei gern der Störenfried, wenn sich Mächtige quasi arrangiert hätten untereinander und der Rest des Landes irgendwie stimmlos nicht mehr zu Wort komme. Sie habe seitdem den Stempel einer Putin-Freundin, jedoch zu Unrecht, denn sie empfinde ihn als autokratischen Machthaber und sie habe auch keine Sympathie für das russische System. Alle wüssten, den Krieg könne die Ukraine militärisch nicht gewinnen, also müssten Verhandlungen her. Alle, die das sagen, würden in die Putin-Troll-Ecke gestellt, selbst der Papst!
Man würde den Krieg ständig ausweiten wollen, statt ihn zu beenden. “Immerhin wird ja jetzt schon über Bodentruppen geredet, in Deutschland wird über Taurus-Raketen geredet, also wir werden ja immer weiter reingezogen.“
Und ich denke, das darf nicht fehlen: “Die Behauptung, dass Frankreich offiziell Truppen in die Ukraine schicke, wird von Politikern der Wagenknecht-Partei verbreitet und verschärft. Die Parteigründerin verteidigt das.” las ich im Internet5.
Marc Kayser gibt weiter Stichworte: Kriegsunterricht für Schüler wie in China sei geplant, und Sahra Wagenknecht ergänzt, wie damals in der DDR. Auch wenn es das hier bisher nicht gebe, dafür aber diese Diskussionen um Krieg und Frieden, das Verhältnis zu Russland, Waffen, Aufrüstung. Das sei erschreckend!
Nun sollte man denken, denke ich, dass jetzt vielleicht darüber diskutiert werden könnte, wer es war, der die Grenzen der Nachkriegsordnung eingerissen hat, die Idee von Gorbatschows “Haus Europa” in die Tonne getreten hat. Nein, das kommt jetzt nicht, später dann aber auch nicht.
Jan Josef Liefers zeigt sich enttäuscht: “Ich hatte auch so die Hoffnung, man gleitet so entspannt und fröhlich ins Rentenalter und guckt dann mal, was man später noch so macht. Dass es nochmal so ins Kontor haut, konnte ich mir auch nicht vorstellen.“
Dann folgt ein längerer Monolog, von dem ich nicht so recht verstanden habe, worauf das hinauslaufen soll, doch die KI ChatGPT hat mir das ganz gut zusammengefasst:
“Der Text thematisiert den Umgang mit Meinungsvielfalt und den aktuellen Diskurs in der Gesellschaft. Er kritisiert die Tendenz, Menschen aufgrund ihrer Meinungen sofort zu verurteilen oder auszugrenzen, anstatt einen offenen Dialog zu führen. Er betont, dass man die Widersprüche in der Welt akzeptieren und damit umgehen muss, anstatt sich in eine enge Kampfsprache zu begeben, die insbesondere während der Corona-Pandemie zugenommen hat. Der Sprecher plädiert für eine Diskussionskultur, in der man bereit ist, zuzuhören und zu lernen, anstatt vorschnell zu urteilen und andere Meinungen zu diffamieren.” Ja, die KI ist vielleicht doch verständiger als meine biologische Intelligenz, denke ich.
Mit: “Das hat auch mit Demokratie nichts mehr zu tun, mit einer reifen Demokratie gar nichts zu tun.“, schließt Jan Josef seinen philosophierenden Exkurs.
Marc Kayser bringt nun alles wieder in die Spur und postuliert: Niemand denke über Diplomatie nach. “Wenn ich Frau Baerbock zuhöre, habe ich das Gefühl, dass sie eher auf der Seite der Förderer von Militär steht, als auf der Seite der Verhinderer.“
Da kann Sahra Wagenknecht nur beipflichten. Man bekomme immer die Märchenerzählung: “Wenn wir Putin nicht in der Ukraine stoppen, dann überfällt er morgen Polen und übermorgen ist er vor dem Brandenburger Tor.“, die Urangst, der Russe stehe vor der Tür. Gut, meint sie, es gäbe in Russland tatsächlich teilweise Stimmen, die darüber spekulieren, man müsse dem Westen mal wieder Angst vor der Atombombe machen und sie präventiv einsetzen, aber man müsse auch verstehen, dass die NATO jetzt an die russische Grenze vorgerückt sei, weil die NATO sich ausdehne. Putins ausgestreckte Hand sei zurückgewiesen worden, in früheren Zeiten.
Jetzt wird Sahra zur Militärexpertin: Es stehe fest: Sie – die Ukraine – könne nicht gewinnen. Doch es bestehe gar keine realistische Möglichkeit, dass eine Armee, die daran gescheitert ist, Kiew einzunehmen, demnächst vor Berlin stehe. Es sei wie bei Corona, alles nur, um Angst zu verbreiten, weil Menschen bei Angst weglaufen, nicht nachdenken. “Wenn ich Angst habe, bin ich führbar. Also wenn ich eine Gesellschaft will, wo die Menschen nicht mehr eigensinnig sind, wo sie auch keinen eigenen Kopf haben, sich auch nicht mehr auflehnen, muss ich ihnen massive Angst machen.“
Jan Josef Liefers geht darauf nicht wirklich ein, sondern fragt “Was ist mir wichtiger, Freiheit oder Frieden?” und antwortet nicht wie seinerzeit Erich Honecker6, sondern: “Wir leben in Freiheit und in Frieden. Wenn man aber eines nicht haben kann, wenn jemand versucht, sozusagen seinen Stiefel irgendwie auf unser Land zu setzen oder unsere Existenz oder wie auch immer, dann ist es vielleicht auch wichtig, mal zu kämpfen.” Er könne die UkrainerInnen verstehen, die ihre Freiheit wollen. Sahra hört sich das mit leicht süffisantem Lächeln an, lässt ihn aber – tolerant wie sie ist – sprechen. Und er kommt dann wieder zum Thema: Angst, die er eigentlich nicht habe, aber eine doch: die um seine Kinder.
Sahra Wagenknecht gibt auch zu, manchmal Angst zu haben. Die könne auch übertrieben sein. Aber: “Was mich stört, ist, wenn Angst politisch eingesetzt wird als Instrument.”
Und setzt dann selbst das Instrument Angstmachen ein: “Und dass Menschen Angst haben, oder auch wenn Menschen heutzutage, viele Menschen haben Angst davor, wovon sie im Alter leben können, weil die Renten so schlecht sind. Das ist ja keine Angst, die man jetzt irgendwie ächten darf, sondern das ist ja eine völlig berechtigte Angst. Weil es werden ja immer mehr Menschen im Alter auch arm. Sie sind in einer demütigen Situation. Sie müssen deren Kindern auf der Tasche liegen. Das ist etwas, was niemand will.”
Die Gesellschaft teile sich immer mehr in arm und reich. Zwar gebe es „aktuell nicht das Problem einer Massenarbeitslosigkeit” aber Angst vor Jobverlust, vor unbezahlbaren Mieten und Rechnungen, Angst darum, wie das Leben bewältigt, die Familie durchgebracht, den Kindern etwas geboten werden kann.
Marc Kayser kommt auf die unfähige, visionslose Regierung zu sprechen und Sahra Wagenknecht zum Zuge. Sie tischt neue Ängste auf: Visionen? Sie hätten ja keine. Also das Schlimme sei dieses Gefühl der Menschen: “Wir haben eine Welt von Krisen. Wir haben auch eine Welt, in der viele Kriege eskalieren. Es ist ja nicht nur in der Ukraine, es ist im Gazastreifen. Es gibt überhaupt insgesamt auf dieser Welt immer mehr militärische Konflikte. Es gibt wirtschaftliche Veränderungen.” Dann sei da noch die falsche Idee der Globalisierung. Exporte, auf die man sich in der Vergangenheit verlassen hatte, seien nicht mehr da und auch keine Regierung, die einen Plan habe, von der die hart arbeitenden Menschen glauben müssten, Steuergeld werde zum Fenster rausgeschmissen für aberwitzige Dinge, wo irgendeine starke Lobby sitzt, die sich dann die Taschen füllt.
Und nun stellt Marc Kayser eine Gretchenfrage: Wie hältst du es mit einer Koalition? “Das BSW geht in eine Regierung mit dir oder mit wem auch immer und muss die CDU stützen gegen die Ampel. Machen wir einfach mal so ein kleines Gedankenspiel. Ein Gedankenexperiment vielleicht sogar. Was, glaubst du, würde anders laufen?” Darauf gibt es keine Antwort von Sahra. So muss der Moderator weitersprechen und klingt für mich etwas konfus: “Oder ist Politik nicht per se im Grunde genommen auch ein Machtinstrument zur Erzeugung von Ängsten, um Menschen niedrig zu halten, mit denen man eh nicht gut klarkommt? Und lässt die anderen sozusagen dafür wirtschaften und machen und tun? Also wir kennen ja zum Beispiel Herrn Grupp. Den kennst du von der Trigema. Der ist sich seiner Verantwortung schon bewusst. Herr Würth schreibt an seine Mitarbeiter einen Brief. Wählt bitte nicht AfD. Also es gibt ja schon Menschen, die das Ding in die Hand nehmen und sagen, so, ich lasse mir jetzt nicht von oben diktieren, wie ich zu denken habe. Das ist natürlich sehr, sehr angenehm. Allerdings ist es nicht die Mehrheit.“
Damit ist die Frage nach einer alternativen Regierung mit dem BSW erst mal vom Tisch und Sahra Wagenknecht kann über den Istzustand klagen: Es sei nicht mehr so: Wer sich anstrenge, arbeite, fleißig sei, dem geht es einigermaßen gut. Und wer andere betrüge, dem gehe es nicht so gut. Es sei jetzt eher umgekehrt. “Also dieses Schema, der Ehrliche ist oft der Dumme, ist ja eins, was leider in unserer Gesellschaft tatsächlich sich auch durchzieht. Und bis in die Politik, aber auch in vielen Bereichen der Wirtschaft.” Nicht der kleine Unternehmer, der ehrliche Kaufmann seien die Gewinner, nein: große Finanzkonzerne, große Digitalunternehmen mit enormer Macht, die so die Politik beeinflussen würden.
Dann kommt sie doch noch zu dem Punkt, was sich mit ihrer Partei ändern würde: ehrliche Politik für die einfachen Menschen, denen es schlecht geht, wieder eine Stimme geben. Keine Lobbyisten mehr, die im Bundestag die Politik gestalten, sondern sich um die kümmern, die einen am Ende auch gewählt haben. Mit der CDU geht nichts, mit der SPD vielleicht was in der Außenpolitik, “wenn man irgendwie versucht, Deutschland wieder so auf eine Vermittlerrolle zu orientieren. … eine sinnvolle Außenpolitik. Also nicht jetzt irgendwie Großdeutschland, Großkotz, aber auch nicht irgendwie unterwürfig.” Die große Linie: Eigene Außenpolitik, nicht machen, was die Amerikaner sagen, vermitteln, Konflikte entschärfen, Brücken bauen, wirtschaftliche Zusammenarbeit, Willy Brandt, Wandel durch Annäherung, keinen Krieg.
Ich denke, super Programm, wenn alle in der Welt da auch mitmachen würden. Vielleicht gibt es in dem BSW aber genügend Emissäre, die hinausgehen in alle Welt und die Völker lehren, Russland, Iran, Nahost, China: Seid nett zueinander, vertragt auch, dann wird es allen gut gehen!
Anschließend des Moderators letzte Frage: “Deutschland in zehn Jahren, was würdet ihr sagen?“
Jan Josef Liefers glaubt an die Klugheit in Deutschland heute und prognostiziert Weisheit in zehn Jahren. Sahra Wagenknecht sieht das Land an einer Weggabelung, ein Abbiegung in die Düsternis, mit zerstörter Wirtschaft ohne Freiheit und hofft auf den anderen Weg, auf dem die Weisheit regiert. Jan Josef Liefers weiß, was dabei helfen kann: die Kunst, die nicht nur ein Investment in irgendeinen Maler oder ein Abo am Donnerstagnachmittag ist, sondern die Bedeutung hat, wie die Singvögel der Bergleute früher im Schacht: “Und wenn die Minenarbeiter unter Tage gingen, dann haben die Singvögel mitgenommen in kleinen Käfigen. Und wenn die aufhörten zu singen, dann wussten die, sie haben noch zehn Minuten, um rauszukommen. Hier ist wohl ein Monoxid im Anmarsch. Und auf eine gewisse Weise hat Kunst so eine Funktion. Und die hat erst mal mit Geld und Streichleinheiten nichts zu tun. Das muss man einfach mal erkennen.” Das hat man in der Pandemie enttäuschenderweise nicht bedacht. “Und gerade in Zeiten, wo es Leuten schlecht geht, kann Kunst eine große Wirkung entfalten und sehr helfen.“
- Ich kannte ihn vom Format “Ich habe einen Traum” in der ZEIT. ↩︎
- Wörtlich sagte er: “Ich glaube allerdings nicht, dass in 40 Jahren DDR-Geschichte nur einzelne Personen immer wieder in Krisen führten, sondern auch die von ihnen geschaffenen und zementierten Strukturen, die vorhandenen Strukturen, die immer wieder übernommenen prinzipiellen Strukturen, lassen Erneuerung nicht zu. Deshalb müssen sie zerstört werden.” ↩︎
- „Wir wollten Gerechtigkeit und bekamen den Rechtsstaat“ soll Bärbel Bohley gesagt haben, was aber Ilko-Sascha Kowalczuk falsch nennt. ↩︎
- https://www.wuv.de/Archiv/Jan-Josef-Liefers-gewinnt-mit-der-SKL ↩︎
- ZDF: Die Wagenknecht-Partei und der Weg einer Lüge ↩︎
- “Wenn der Kopf ab ist, muss man sich über die Frisur keine Gedanken machen”, soll Erich Honecker zu der Frage von Krieg, Frieden und Freiheit gesagt haben. ↩︎