Die Reise 2015

Abschied

Am kommenden Tag, dem Sonntag, sollte unsere Rückreise beginnen. Wir nahmen die Route quer durchs Land über Ķegums (Keggum; Staumauer über die Daugava), um nach Valle (Wallhof) zu fahren. Dort hatte unser Urahn, Johann Christian Georg Burmeister (1758-1817), ein „Wirtschaftsflüchtling“, der aus dem mecklenburgischen Pinnow bei Crivitz stammte, 1801 das Gut Schmieden erworben und bis 1817 gelebt.

Wir fanden die Kirche, das Dorf natürlich und einige abseits gelegene Gehöfte. Welches davon das Gut Schmieden gewesen sein mag, haben wir nicht herausbekommen, es erst später auf einer alten Karte gefunden. Wir wollten die Landschaft sehen, in der dieser Burmeister gelebt hat und wo der Sohn, unser Urgroßvater Adolph Julius Burmeister (1815-1884), der Flachshändler und Mitbegründer der Spinnerei und Weberei der „Baltischen Leinenmanufaktur“ in Kengeragge (Ķengarags) und Ältester der Großen Gilde in Riga, 1815 geboren wurde.

Doch dann hatten wir alles „abgearbeitet“ und konnten uns völlig auf die Fahrt konzentrieren. Schon bald erreichten wir die litauische Grenze, wieder völlig ohne Hindernis und durchquerten das Land über Kaunas. Wir machten eine kleine Rast, um einen Kaffee zu trinken, konnten wir doch hier noch in unserer Währung bezahlen, in Polen später nicht mehr, denn wir wollten kein Geld wechseln. Wir genossen die Fahrt durchs flache Land bei schönem Wetter. Es war auch wärmer geworden, und der Wetterbericht hatte auch weiterhin gute Aussichten versprochen.
Bei Budzisko erreichten wir am Nachmittag die polnische Grenze und waren dem Tagesziel nahe, nur noch ein kleines Stück bis Suwałki und dann noch ein paar Kilometer bis zu dem ausgewählten Hotel „Folwark Hutta“, direkt an einem idyllischen See gelegen. Hier wollten wir noch etwas bleiben und verlängerten spontan unseren Aufenthalt um einen Tag. Denn ursprünglichen Gedanken, in Litauen einen Abstecher nach Kleipeda und auf die Kurische Nehrung (mit Nidda) zu machen, hatten wir ohnehin aufgegeben und hätten uns bestenfalls in Toruń zwei Tage aufhalten können, da wir beabsichtigt hatten, diese schöne alte Stadt zu besuchen. Wir bleiben also dort, gingen spazieren, aßen gut, saßen lesend im Schatten, schrieben einige Reiseeindrücke auf und fuhren abends nach Suwałki, die Stadt ein wenig zu erkunden. Am See kam rechte Urlaubsstimmung auf, wir hätten auch noch länger bleiben können. Aber dann ging es doch weiter, quer durch das schöne Masuren nach Toruń. Die Stadt liegt an der Weichsel, rund 180 km nordwestlich von Warschau, ist recht groß und eine Universitätsstadt. Bekannt aber ist Toruń vor allem für seine hübsche Altstadt mit vielen Gebäuden im Stil norddeutscher Backsteingotik, noch mehr aber für seinen bedeutendsten einstigen Bewohner, den Astronomen Nikolaus Kopernikus. Wir suchten recht lange nach unserem vorbestellten Hotel etwas außerhalb liegend, fanden es schließlich und waren es zufrieden. Da wir ohnehin in die Stadt fahren wollten, konnten wir verschmerzen, dass es im Hotel nichts zu essen gab. So fanden wir den schönen Marktplatz und eines der vielen Freiluftrestaurants, die vor den Hotels aufgebaut sind Es war warm, wir waren vergnügt, aßen Barszcz mit Krokette, eine gefüllte Fleischpastete, Jörn Lamm, ich Stroganoff. Vorzüglich. Und so ging der schöne Abend zu Ende. Wir gingen noch etwas durch die Altstadt, kauften unser Dosenbier für einen Nachttrunk, fanden das Auto wieder und fuhren zurück.

Die Fahrt nach Dresden bei ziemlicher Hitze, nochmals eine Strecke über 500 km, war, wenn auch recht lang so doch angenehm. Wir nahmen den Weg vorbei an Poznań, Zielona Gorá und Görlitz. Das Auto war besser temperiert als die Außenwelt, wie wir bei einer Mittagspause feststellen konnten. Aber dann war es geschafft, obwohl uns die letzten Kilometer etwas schwer gefallen sind, denn wir wurden mehrfach wegen Umleitungen und heftigem Verkehr in der Stadt aufgehalten.

Es waren schöne Tage zusammen. Diese Reise von ungefähr 5000 km hatte sich für uns gelohnt und eine uralte Sehnsucht gestillt.